Schwerpunktthema: Klimawandel

Gut geschützt vor Wetterextremen

Die Folgen des Klimawandels beeinflussen zunehmend unsere Umwelt und damit auch unsere Gesundheit. Das betrifft auch den Arbeitsplatz: Die Anforderungen an Maßnahmen für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit verändern sich.

Als Ursache des Klimawandels gilt die steigende Emission von Treibhausgasen beispielsweise aus der Nutzung fossiler Brennstoffe. Das führt unter anderem zur Erwärmung der Erdoberfläche, in deren Folge sich das globale Klima verändert. Dadurch steigt auch die durchschnittliche Lufttemperatur an. Warme Luft kann mehr Wasser aufnehmen. Die höhere Luftfeuchtigkeit ist ein wichtiger Faktor bei der Entstehung von Wetterphänomenen wie Nebel, Regen und Gewitter. In Deutschland ist als Folge des Klimawandels zunehmend mit Starkregen, Hochwasser, Sturmfluten, Gewittern mit Blitzschlag, starkem Wind, steigenden Temperaturen, langen Hitzeperioden und einer stärkeren Einwirkung der solaren UV-Strahlung zu rechnen.

BGHM-Magazin 2024-03: Klimawandel

Das alles hat Auswirkungen auf den Arbeitsschutz, insbesondere für Beschäftigte, die häufig oder ausschließlich im Freien arbeiten und diesen sich ändernden klimatischen Bedingungen täglich direkt ausgesetzt sind. Anpassungen im Arbeitsschutz sind erforderlich, um die Sicherheit und den Schutz der Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit zu gewährleisten.

Die Unternehmen der Branchen Holz und Metall, deren Beschäftigte teilweise oder vollständig im Freien arbeiten, werden mit den Folgen des Klimawandels und den damit verbundenen Auswirkungen auf die Arbeitssicherheit und den Gesundheitsschutz besonders konfrontiert. Solche Arbeitsplätze sind unter anderem im Stahlbau, im Dach- und Fassadenbau, in der Kälte- und Klimatechnik, in Werften, in der Montage von Windanlagen oder dem Rohrleitungsbau zu finden. Doch nicht nur bei Tätigkeiten im Freien, sondern auch bei Arbeiten in geschlossenen Räumen kann der Klimawandel aufgrund höherer Raumtemperaturen im Sommer oder während Hitzeperioden Auswirkungen haben.

Aspekte des Klimawandels und ihre gesundheitlichen Folgen

Hitze: Durch Hitzeperioden und extreme Temperaturen steigen die Gesundheitsrisken. Mögliche Folgen können Hitzeausschlag, Sonnenstich, Hitzekrämpfe, Hitzeerschöpfung, Hitzekollaps und ein Hitzschlag sein. Die Leistungsfähigkeit der Beschäftigten kann gemindert sein und das Risiko für Unfälle steigt. Beim Hitzekollaps und beim Hitzschlag handelt es sich um medizinische Notfälle.

Ultraviolette Strahlung (UV-Strahlung): UV-Strahlung kann akut einen Sonnenbrand verursachen. Auch das Auge kann geschädigt werden. Hornhaut- oder Bindehautentzündungen sind mögliche Folgen. Langfristig kann die Einwirkung von UV-Strahlung zur verstärkten Hautalterung, zur Erhöhung des Hautkrebsrisikos und einer Linsentrübung am Auge, dem sogenannten Grauen Star, führen. Bereits heute zeigt sich anhand von Statistiken der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) ein signifikantes Erkrankungsgeschehen im Bereich der Berufskrankheit (BK) 5103 „Heller Hautkrebs durch natürliche UV-Strahlung“. Im Jahr 2022 wurden knapp 9.000 Verdachtsfälle dieser Berufskrankheit bei den zuständigen Unfallversicherungsträgern angezeigt. Im gleichen Jahr wurden rund 4.300 Fälle als Berufskrankheit anerkannt. Im Zuständigkeitsbereich der BGHM waren es 768 gemeldete Fälle und 233 Anerkennungen. Wenn Beschäftigte zukünftig durchschnittlich höherer UV-Strahlung ohne ausreichende Schutzmaßnahmen ausgesetzt sind, könnte das zu einer weiter steigenden Zahl von Erkrankungen führen.

Extremwetterereignisse: Hohe bis sehr hohe Windstärken können ebenfalls zu einer Gefährdung der im Freien tätigen Beschäftigten führen. Starkregen und daraus resultierende Hochwasser- und Überschwemmungsszenarien können auch bei der Arbeit Unfälle bis hin zum Ertrinken zur Folge haben. Seit 2021 hat es bereits mehrere Arbeitsunfälle durch einen plötzlich ansteigenden Wasserspiegel gegeben. In einem Fall konnte das Unfallopfer nur noch tot geborgen werden. Stürme und Starkregen können zudem die Standsicherheit von Gebäuden, Baustelleneinrichtungen und Infrastruktur negativ beeinflussen.

Biologische Einwirkung: Dazu gehören die sogenannten vektorübertragenen Infektionskrankheiten. Darunter versteht man die Übertragung von Krankheitserregern, also Viren, Bakterien und Parasiten, durch sogenannte Vektoren. Das können etwa Stechmücken und Zecken sein. Das Vorkommen invasiver Arten aufgrund des Klimawandels bedeutet erstmal noch keine Gesundheitsgefährdung; entscheidend ist die Vektorkompetenz, das heißt, die Fähigkeit den Krankheitserreger übertragen zu können. Die Erreger reisen in ihrem Wirt ein, also in einem Menschen oder in einem Tier. Trifft nun eine aufgrund des Klimawandels hierzulande invasive asiatische Tigermücke auf einen Reiserückkehrer, der sich zum Beispiel mit dem Dengue-Virus infiziert hat, kann es nach erfolgtem Stich und Blutkontakt zur Aufnahme des Erregers
in die Mücke kommen. Erweist sich diese Tigermücke als vektorkompetent, käme es bei nachfolgenden Stichen mit Blutkontakt zu einer autochthonen Erkrankung, das heißt eine eigentlich tropische beziehungsweise nicht einheimische Erkrankung würde hierzulande übertragen werden. Aber auch einheimische Stechmückenarten sind vektorkompetent für „tropische Krankheitserreger“. So kann beispielsweise das West-Nil-Virus auch von der Gemeinen Hausmücke übertragen werden.

Neue Technologien: Sie können einen Beitrag leisten, um die Emission von Treibhausgasen zu reduzieren. Gleichzeitig können sie neue arbeitsbezogene Gefährdungen mit sich bringen. Ein Beispiel für eine neue Technologie ist die zunehmende Nutzung von erneuerbaren Energien und die damit verbundene verstärkte Anwendung neuer Batteriespeichersysteme. Hier können Risiken bei der Herstellung, der Lagerung, dem Transport, der Verwendung in Verbrauchssystemen und bei der Entsorgung auftreten.

Maßnahmen für den Arbeitsschutz

Auf dem bestehenden Regelwerk aufbauend müssen Betriebe ihre Gefährdungsbeurteilung um die Auswirkungen des Klimawandels ergänzen, die sie betreffen. Betriebsanweisungen müssen entsprechend erstellt und regelmäßige Unterweisungen durchgeführt werden. Die Arbeitsmedizinische Vorsorge, beispielsweise bei regelmäßigem Arbeiten im Freien, ist zu berücksichtigen. Die Maßnahmen der Ersten Hilfe müssen gemäß den Erkenntnissen aus der Gefährdungsbeurteilung umgesetzt werden. Bei der Auswahl der Maßnahmen ist die Maßnahmenhierarchie gemäß Arbeitsschutzgesetz (TOP-Prinzip) anzuwenden.

Schutz vor Hitzeeinwirkung

Technische Schutzmaßnahmen:

  • Ventilatoren, Klimaanlagen oder Klimageräte einsetzen
  • Arbeitsschwere durch den Einsatz technischer Arbeitsmittel reduzieren
  • Räume zum Abkühlen schaffen
  • Sonneneinstrahlung durch Jalousien und andere Verschattungselemente reduzieren

Organisatorische Schutzmaßnahmen:

  • Arbeitszeit in kühlere Tageszeiten verlegen
  • zusätzliche Ruhepausen schaffen
  • Räume über Nacht auskühlen lassen
  • Wärmequellen in Räumen nur einschalten, wenn sie genutzt werden

Personenbezogene Schutzmaßnahmen:

  • geeignete Kleidung bei Arbeiten im Freien tragen (Wärmestau vermeiden)
  • Kühlkleidung nutzen, beispielsweise Kühlwesten
  • ausreichende und den Temperaturen angepasste Flüssigkeitsaufnahme

Schutz vor solarer UV-Strahlung

Technische Schutzmaßnahmen:

  • Kabinen, Überdachungen, Sonnenschirme, Sonnensegel, Zelte nutzen

Organisatorische Schutzmaßnahmen

  • Aufenthalt in der Sonne zeitlich beschränken
  • Arbeiten und/oder Pause in den Schatten verlegen
  • sonnenreiche Zeiten meiden

Personenbezogene Schutzmaßnahmen

  • UV-dichte, leichte Kleidung tragen, die den ganzen Körper bedeckt
  • Kopfbedeckungen mit Nackenschutz nutzen
  • UV-Schutzbrille tragen
  • UV-Schutzmittel für die Körperstellen verwenden, die nicht mit Kleidung oder PSA geschützt werden können

 

Dr. Monika Adam und Hermann Hentschel, BGHM

Arbeiter im Einsatz auf Hebebühne mit Persönlicher Schutzausrüstung.Von Nackenschutz bis Sonnenbrille: Für den Schutz vor UV-Strahlung kommt unter anderem Persönliche Schutzausrüstung zum Einsatz.