Sicherheitsbeauftragte

Schwerpunktthema: Qualifizierung für mehr Erfolg im Ehrenamt

Damit Sicherheitsbeauftragte (Sibe) in ihrem Betrieb den Arbeitsschutz voranbringen können, brauchen sie eine umfassende Qualifizierung. Sie ist neben der praktischen Erfahrung und einer vertrauensvollen Zusammenarbeit mit anderen Arbeitsschutzakteurinnen und -akteuren die Basis dafür, dass Sibe einen guten Job machen können. So profitieren Arbeitsschutzverantwortliche, Führungskräfte und die Belegschaft besonders von diesem Ehrenamt.

In Unternehmen mit mehr als 20 Beschäftigten müssen Sicherheitsbeauftragte bestellt werden. Sie haben die Aufgabe, in ihrem Arbeitsbereich Unfall- und Gesundheitsgefahren zu erkennen und adäquat darauf zu reagieren. Sibe sind unterstützend tätig und treten gegenüber den anderen Beschäftigten als Multiplikatoren auf. Ihre Fach- und Sachkenntnisse sowie spezifisches Wissen über die Gegebenheiten vor Ort sind dabei von Vorteil. Durch ihre Präsenz und ihre Vorbildfunktion sowie durch ihr kollegiales Einwirken erreichen sie im besten Fall, dass sich Kolleginnen und Kollegen sicherheits- und gesundheitsgerecht verhalten. Sibe können ihre Aufgaben nur dann wirksam wahrnehmen, wenn sie angemessene betriebliche Voraussetzungen vorfinden und ausreichend qualifiziert sind. Entsprechende Qualifizierungsmaßnahmen im Bereich Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz sind daher essenziell.

Titelbild BGHM-Magazin Ausgabe 6/2023; © BGHM

Entscheidend für die erfolgreiche Tätigkeit von Sicherheitsbeauftragten sind Arbeitsschutz als ein wichtiger Bestandteil der Unternehmenspolitik, eine gute Kommunikation zwischen Sibe, den Beschäftigten und anderen Arbeitsschutzakteurinnen und -akteuren sowie die Einbindung der Sicherheitsbeauftragten bei der Durchführung und Aktualisierung der Gefährdungsbeurteilung.

Fach-, Sozial- und Methodenkompetenzen erweitern

Es ist von zentraler Bedeutung, dass Sibe eine Grundqualifikation erhalten. Eine Umfrage der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) im Jahr 2021 (siehe Kasten „Sibe-Umfrage der DGUV“) hat ergeben, dass dies bei 95 Prozent der Sicherheitsbeauftragten auch erfolgt
(siehe Grafik 1).

Ziel der Qualifizierung ist es, dass Sicherheitsbeauftragte ihre Fach-, Sozial- und Methodenkompetenzen erweitern. So werden sie befähigt und motiviert, ihre Rolle im betrieblichen Arbeitsschutz aktiv wahrzunehmen. Die wichtigsten Qualifizierungsziele: Sicherheitsbeauftragte …

Nach der Grundqualifizierung bei entsprechenden Schulungsträgern, etwa den Berufsgenossenschaften, geht es dann im Besonderen darum, betriebsspezifisches Wissen zu erweitern. Hier sind die Führungskräfte, Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Betriebsärztinnen beziehungsweise -ärzte gefragt: Die Vermittlung von Hintergrundinformationen zu internen Arbeitsschutzregelungen und zur Gefährdungsbeurteilung ist für eine hohe Wirksamkeit der Sicherheitsbeauftragten zielführend.

Spätestens drei bis fünf Jahre nach der Grundqualifizierung ist in Abhängigkeit vom Gefährdungspotenzial an den Arbeitsplätzen im Betrieb eine Auffrischung durch eine interne oder externe Fortbildung angezeigt. Ergänzend stehen den Sicherheitsbeauftragten auch themenspezifische
Lernvideos und andere Medien zur Verfügung, zum Beispiel die Filme auf www.bghm.de, Webcode 611.

Werden Sibe bestellt, bevor sie die Gelegenheit hatten, eine Grundqualifizierung zu absolvieren, können erste Informationen zur Rolle und zu Aufgaben auch mit Podcasts und Tutorials vermittelt werden. Die Grundqualifikation über ein entsprechendes Seminar sollte jedoch nachgeholt werden.

Um die Voraussetzungen für eine gute Zusammenarbeit zwischen Sibe und anderen Arbeitsschutzakteurinnen und -akteuren zu schaffen, sollte schon bei der Auswahl und Bestellung von Personen für dieses Ehrenamt darauf hingewirkt werden, dass sie qualifiziert werden. Wichtig ist zudem, dass es in allen Unternehmensteilen eine ausreichende Zahl Sicherheitsbeauftragter gibt. Diese sollten mit fachlicher, räumlicher und zeitlicher Nähe – also beispielsweise der Anwesenheit einer Sibe auch in der Nachtschicht – zu den Beschäftigten tätig sein.

Sicherheitsbeauftragte im Gespräch; © Gorodenkoff/Fotolia.com

Enge Zusammenarbeit für einen starken Betrieb

Alle am Arbeitsschutz Beteiligten profitieren von einem oder einer passend qualifizierten Sicherheitsbeauftragten. Zu den Personen, die eng mit Sibe zusammenarbeiten, zählen unter anderem Führungskräfte. Sibe können zum Beispiel dabei helfen zu prüfen, ob die Inhalte der jährlichen Unterweisung oder von anlassbezogenen Unterweisungen im Betrieb verstanden und gelebt werden. Fand zum Beispiel eine anlassbezogene Unterweisung statt, weil Beschäftigte ihren Gehörschutz nicht getragen haben, können Führungskräfte mit Sibe vereinbaren, dass diese ein besonderes Augenmerk auf das Tragen von Gehörschutz legen – mit entsprechender Rückmeldung. Die Führungskraft bekommt entweder
gespiegelt, dass die Unterweisung offensichtlich gewirkt hat, oder eben, dass Beschäftigte nochmals erinnert werden müssen, was Sibe in einem solchen Fall gleich umsetzen sollten. Die Kontrollpflicht der Führungskraft kann so im engeren Arbeitsumfeld mit geringem Aufwand erfüllt werden.
Da die meisten Aspekte des Arbeitsschutzes der Mitbestimmung unterliegen und Betriebsräte somit bei Fragen zu Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit mitwirken, sind Sibe auch für sie als Ansprechpartner wichtig. Betriebsratsmitglieder profitieren also ebenfalls von gut qualifizierten Sibe.
Durch ihr Fachwissen und ihre Vor-Ort-Kenntnisse können Letztere beispielsweise realistisch abschätzen, welche Folgen geplante Maßnahmen haben könnten.

Wenn in Betrieben externe Fachkräfte für Arbeitssicherheit und externe Betriebsärztinnen beziehungsweise Betriebsärzte eingesetzt werden, wird noch deutlicher, welch wichtige Rolle Sicherheitsbeauftragte spielen. In diesen Fällen sind Sibe oft die einzigen Arbeitsschutzakteurinnen und -akteure, die kontinuierlich vor Ort sind und über mehr Arbeitsschutzwissen verfügen als die sonstigen Beschäftigten. Sicherheitsbeauftragte sind bestens geeignet, für sichere und gesunde Arbeit auf dem Unternehmensgelände einzustehen.

Die sicherheitstechnische und arbeitsmedizinische Betreuung ist dagegen nicht durchgängig im Betrieb anwesend, auch bei im Unternehmen beschäftigten Sifas und Betriebsärztinnen und -ärzten. Nicht zuletzt ist es wichtig, dass die Sicherheitsbeauftragten eines Unternehmens gut miteinander arbeiten. Gefragt nach Faktoren, die ihre Wirksamkeit verbessern könnten, gaben die Sibe in der DGUV-Umfrage am häufigsten den
Erfahrungsaustausch untereinander an (siehe Grafik 2).

Die Zusammenarbeit der Sibe zu organisieren, liegt im Aufgabenbereich der Führungskräfte. Dabei wird häufig unterschätzt, welchen Einfluss die Haupttätigkeit der Sicherheitsbeauftragten auf ihre möglichen Erfolge im Arbeitsschutz hat. Schließlich gehen sie auch weiterhin ihrer ursprünglichen Tätigkeit nach und übernehmen die Sibe-Rolle zusätzlich ehrenamtlich. Wenn zum Beispiel ein Sicherheitsbeauftragter als Maschinenbediener fest an seinen Arbeitsplatz gebunden ist, hat er wenig Spielraum für einen regelmäßigen, gründlichen Erfahrungsaustausch
mit den anderen Sicherheitsbeauftragten im Betrieb. Die Einhaltung von Arbeitsschutzmaßnahmen außerhalb seines Arbeitsbereiches zu beobachten und Beschäftigte anzusprechen, wird ihm ebenfalls kaum möglich sein. Dagegen sind beispielsweise Betriebselektriker oder Instandhalter oft in nahezu allen Unternehmensbereichen tätig und haben damit die Chance, auf gefährliche Situationen aufmerksam zu werden,
diese anzusprechen und bei Fragen zu unterstützen.

Gerhard Kuntzemann, BGHM

Sibe- Umfrage der DGUV

Der DGUV-Fachbereich „Organisation von Sicherheit und Gesundheit“ hat mit dem Institut für Arbeit und Gesundheit der DGUV (IAG) im Jahr 2021 eine Umfrage zur Wirksamkeit von Sicherheitsbeauftragten durchgeführt. 1.600 Sibe haben daran teilgenommen. In dieser Umfrage bewerten Sicherheitsbeauftragte, neben dem persönlichen Engagement, eine fachlich gute Ausbildung als wirksamsten Aspekt für eine erfolgreiche Tätigkeit.

Weitere Umfrageergebnisse und Fakten finden sich im Fachartikel „Wirksamkeit von Sicherheitsbeauftragten: Erfolgsfaktoren und Herausforderungen“ im BGHM-Magazin 2/2022.

Tipp: Sibe-Qualifizierung bei der BGHM

Die BGHM bietet als Grundqualifikation für Sibe zwei aufeinander aufbauende, jeweils dreitägige Seminare an. Im ersten Teil steht die Rolle der Sicherheitsbeauftragten im Fokus. Dabei wird deutlich, welche Aufgaben und Pflichten sie haben und welche Rechte damit verbunden sind. Zudem werden die für ihre wesentlichen Aufgaben erforderlichen Grundkompetenzen praxisnah vermittelt. Im zweiten Teil des Seminars erweitern die Sicherheitsbeauftragten das zuvor erworbene Basis-Wissen. Die detaillierte Bearbeitung verschiedener Themen des Arbeitsschutzes führt zu einer breiteren Fachkompetenz. Zudem erweitern die Teilnehmenden ihre Methoden- und Sozialkompetenz und erhöhen dadurch ihren Wirkungsgrad speziell in der Zusammenarbeit mit Vorgesetzten, weiteren Arbeitsschutzakteurinnen und -akteuren sowie im Arbeitsschutzausschuss. Für kleinund
mittelständische Unternehmen bietet die BGHM als Alternative zur insgesamt sechstägigen Grundqualifikation vier eintägige Seminare an. Alle Infos unter www.bghm.de, Webcode 1990.