Zur Sprache gebracht

Schwerpunktthema: Innerbetriebliche Kommunikation

„Ich jage von einem Meeting zum nächsten, wie soll ich mich da auch noch um meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kümmern oder in Ruhe nachdenken?“ Stress dieser Art kann Anzeichen einer ungenügend gestalteten Kommunikation sein. Erfolgreiche innerbetriebliche Kommunikation hingegen bringt die Sicherheit und Gesundheit im Unternehmen voran und kann auch Stress deutlich reduzieren. Worauf ist dabei zu achten?

Eine gelungene innerbetriebliche Kommunikation, also eine regelmäßige und effektiv organisierte Verständigung mit und zwischen allen Beschäftigten, reduziert Reibungsverluste. Zu diesen gehören etwa Informationsdefizite, Unstimmigkeiten sowie die Zeit, die für die Suche nach Informationen aufgewendet werden muss. Wenn Kommunikationswege nicht funktionieren, improvisieren Beschäftigte und gehen mitunter Risiken ein, weil Stress und Abstimmungsaufwand steigen. Eine erfolgreiche Kommunikation hingegen erweitert das fachliche Wissen, verstärkt die Aufmerksamkeit füreinander und bringt so Sicherheit und Gesundheit in einem Unternehmen voran. Eine aktuelle kommunikative Herausforderung entsteht insbesondere für Führungskräfte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit außerdem aus der zunehmenden Digitalisierung sowie der jahrelangen pandemischen Lage mit immer mehr dezentral angesiedelten Belegschaften.

Kommunikation - Zur Sprache gebracht

Was hilft?

Grundsätzlich gilt: Fragen stellen und Zuhören sind förderlich für eine gelungene Verständigung und gegenseitige Information. Das gilt auch für die Gesprächsführung mit dezentralen Belegschaften, beispielsweise zur Beurteilung ihrer jeweiligen Arbeitsbedingungen im Homeoffice. Hier kann die Führungskraft das Verhalten der Beschäftigten nicht unmittelbar beobachten, eine enge Zusammenarbeit aller ist wichtig. Für die Gefährdungsbeurteilung „aus der Ferne“ werden Checklisten oder Fragenlisten empfohlen, die in einem gemeinsamen, vertrauensvollen Gespräch bearbeitet werden.

Es bietet sich an, am Ende von Besprechungen oder Unterweisungen in die Runde zu fragen: „Was nehmen Sie heute mit aus unserem Gespräch?“ Fallen die Antworten anders aus als erwartet? Dann sollte der Sender der Nachricht an seiner Kommunikation arbeiten.

Verschiedene Schwerpunkte

In der innerbetrieblichen Kommunikation lassen sich in Bezug auf Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz verschiedene Schwerpunkte unterscheiden: Dazu gehören die Regel- und Wissenskommunikation, die Störungs-, die Bindungssowie die Veränderungskommunikation.

In der Regel- oder Wissenskommunikation muss zunächst erfragt werden, wer zu welcher Zeit welche Informationen an welcher Stelle benötigt. Diese, auf das Wichtigste reduzierte, Informationen müssen Verantwortliche den Beschäftigten aktiv bereitstellen, damit sie ihrer Arbeit sicher und gesund nachgehen können. Dazu gehört auch, dass die Themen Sicherheit und Gesundheit ein fester Bestandteil in Besprechungen sind. Anders verhält es sich mit allgemeinen Themen, beispielsweise zu gemeinsamen Sportaktivitäten. Informationen dazu sollten zwar zur Verfügung stehen, können jedoch von den Beschäftigten selbst abgerufen werden.

Es hat sich bewährt, feste Zeiten für einen übergreifenden Austausch einzuplanen, um Neuerungen, Schwierigkeiten und Unklarheiten zu besprechen. Informationen sollten zudem auf ihre Notwendigkeit hin überprüft werden, um eine stressende und zeitraubende Informationsüberflutung auszuschließen. Häufig ungeklärt ist die Frage, wer für das Bereinigen und Archivieren der Regelkommunikation, also auch die Korrektur der Informationen, zuständig ist. Verantwortlichkeiten hierzu sollten grundsätzlich klar festgelegt werden. Befragungen haben ergeben, dass die Ursache für Stressoren wie Störungen und Unterbrechungen, Konflikte oder das Umgehen von Sicherheitseinrichtungen häufig in ungeklärten Verantwortungsbereichen und einer nicht funktionierenden Regelkommunikation liegen. Auch im Zusammenhang mit der Erstellung und Überprüfung
der Gefährdungsbeurteilung können dadurch Schwierigkeiten auftreten.

In der Sicherheits- oder Störungskommunikation geht es speziell um Verständlichkeit, kurze Informationswege und Eindeutigkeit: Würde sich ein Neuling bei uns sicher bewegen können? Weiß er, was im Alarm- oder Krisenfall zu tun ist? Zu
einer effektiven Sicherheitskommunikation gehört auch, dass Fehler und Kritik geäußert werden können und die Punkte dann abgearbeitet werden.

In der Innovations- oder Bindungskommunikation geht es um Raum für ungezwungenen, entspannten Austausch. Gibt es im Unternehmen grundsätzlich Regeln des guten Umgangs- oder einen „Kommunikations-Knigge“? Es ist wichtig, Haltung zu zeigen und klare No-Gos, wie Beschimpfungen, sexistische oder extremistische Äußerungen zu definieren. Wichtig ist auch, immer mal wieder informell ins Gespräch zu kommen, zum Beispiel bei gemeinsamen Aktivitäten. Es bietet sich zudem an, regelmäßig neue Kommunikations- und Informationswege oder -methoden auszuprobieren, beispielsweise die Kopfstand-Methode zum Aufbrechen von Denkblockaden.

In der Veränderungskommunikation sind Klarheit und die Würdigung des Vergangenen gefragt. Wenn ein Prozess neu für jemanden ist, kann er oder sie mit eigenen Worten formulieren, welches neue Ziel nun verfolgt wird und wozu? Nur dann war die Kommunikation klar genug, um das Ziel auch umsetzen zu können. Zudem benötigen Verantwortliche für die Veränderungen eine kommunikative Sensibilität; denn die Umsetzung beispielsweise neuer Verfahren verlangt immer auch, dass sich Beschäftigte von liebgewonnenen Gewohnheiten trennen.

F.E.E.-Formel unterstützt

In schwierigen Gesprächssituationen hilft häufig die F.E.E.-Formel (siehe auch BGHM-Fach-Information 0036 „Alkohol im Unternehmen. Suchtmittel: erkennen – ansprechen – handeln“). Dabei wird davon ausgegangen, dass jeder Gesprächspartner oder jede Gesprächspartnerin eine andere Sicht auf die Dinge hat. Diese ist nicht falsch, sondern eben anders. Lösungen können nur gefunden werden, wenn die Beteiligten die Perspektive der anderen Personen berücksichtigen. In einer konkreten Gesprächssituation, in der zum Beispiel eine Verhaltensänderung angestrebt wird, ist es daher hilfreich, nach der Begrüßung zunächst nur die beobachtbaren Fakten zu benennen. Äußern Sie Ihre Emotionen erst im zweiten Schritt, also wie es Ihnen mit der berichteten Beobachtung geht. Benennen Sie anschließend Ihre Erwartung und würdigen Sie die Reaktion des Gegenübers, indem Sie aufmerksam zuhören und die Person mit Ihren Argumenten ernst nehmen. So endet ein gutes F.E.E.-Gespräch immer mit der Antwort auf die Frage „Wenn wir nun hier aus der Tür gehen, was machen wir beide dann sichtbar anders als vorher?“

Dank der Trennung von Faktenlage und Gefühlslage gelingt es in der Regel, sachlich zu bleiben. Zudem wird ein verlässlicher Verhaltensrahmen in einer eindeutigen Erwartung formuliert. Zu guter Letzt: Man kann nicht nicht kommunizieren, wie der Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick sagte. Jedes Verhalten und jede Äußerung führen zu Reaktionen. Auch das nicht Gesagte kann Folgen nach sich ziehen, die nicht unbedingt zur Verbesserung einer Situation beitragen. Eine feste Regelkommunikation und ein funktionierender Informationsfluss, eine effektive Sicherheitskommunikation sowie Regeln für eine soziale Kommunikation unterstützen Betriebsverantwortliche dabei, die Sicherheit und Gesundheit im Betrieb weiterzuentwickeln.

Martin Prüße, BGHM

Gut zu wissen

Statt nur über das zu sprechen, was nicht funktioniert, bietet es sich an, Positivbeispiele zu sammeln – auch zum Thema gelungene innerbetriebliche Kommunikation. Diese dienen als „Verständigungsbooster“ für einen gemeinsamen Verbesserungsprozess.