Unfallprävention beim Umgang mit Traversen, Greifern und Co.

Schwerpunktthema: Lastaufnahmemittel

Lastaufnahmemittel ermöglichen in den Betrieben den schnellen Transport von Bauteilen und entlasten so die Beschäftigten von einigen schweren körperlichen Arbeiten. Eine geeignete Auswahl und die bestimmungsgemäße Verwendung von Lastaufnahmemitteln sind die Basis für möglichst sichere und gesunde Arbeit.

Es gibt eine große Vielfalt an Lastaufnahmemitteln. Je nach Anwendungsfall werden Traversen, Greifer, Vakuumheber, Lasthebemagnete, C-Haken, Zangen oder Klemmen eingesetzt – um nur ein paar wenige zu nennen. Teilweise sind die zu bewegenden Bauteile so komplex, dass für den Transport eigens angefertigte Lastaufnahmemittel benötigt werden.

Ob „von der Stange“ erworben, von spezialisierten Lastaufnahmemittelherstellern angefertigt oder im Eigenbau – gemeinsam ist allen Lastaufnahmemitteln, dass sie im Anwendungsbereich der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG liegen. Das bedeutet, ohne EG-Konformitätserklärung dürfen sie im Europäischen Wirtschaftsraum nicht in den Verkehr gebracht werden. Schon bei der Herstellung gelten somit einheitliche Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen, die der Inverkehrbringer umsetzen muss.

Lastaufnahmemittel: Unfallprävention beim Umgang mit Traversen, Greifern und Co.

Komplexes Unfallgeschehen

Trotz der Sicherheitsanforderungen, die schon bei der Herstellung gelten, ereignen sich jedes Jahr allein in den Mitgliedsbetrieben der BGHM bei der Verwendung und Lagerung von Lastaufnahmemitteln mehrere Hundert Unfälle. Das Unfallgeschehen reicht vom Lastenabsturz über Quetschungen beim Rüstvorgang bis hin zu schweren Verletzungen bei der Lagerung der Lastaufnahmemittel aufgrund fehlender Standsicherheit. Letztere können durch Halteeinrichtungen wirksam vermieden werden. Transportgestelle wiederum sorgen für einen sicheren Transport der teilweise schweren Lastaufnahmemittel, etwa mit dem Gabelstapler.

Unternehmerpflichten

Grundsätzlich gewährleistet nicht allein die vorgeschriebene CE-Kennzeichnung Sicherheit bei der Arbeit; der jeweilige Betreiber muss zudem Sorge dafür tragen, dass Lastaufnahmemittel auch bestimmungsgemäß verwendet werden. Denn Unfälle werden unter anderem dadurch verursacht, dass nicht geeignete Lastaufnahmemittel ausgewählt werden oder dass beim Einsatz improvisiert wird, indem Lastaufnahmemittel „für besondere Bedarfe angepasst“ werden. Schon wenn Transportvorgänge geplant werden, sind in der Arbeitsvorbereitung geeignete Lastaufnahmemittel zu ermitteln und dann zur Verfügung zu stellen.

Was bei der Auswahl und beim Betrieb von Lastaufnahmemitteln zu beachten ist, beschreibt insbesondere die im Dezember 2020 erschienene DGUV Regel 109-017 „Betreiben von Lastaufnahmemitteln und Anschlagmitteln im Hebezeugbetrieb“. Neben allgemein gültigen Maßnahmen beim Betreiben von Lastaufnahmemitteln geht die Veröffentlichung auch dezidiert auf die verschiedenen Varianten von Lastaufnahmemitteln ein. So zeigt sie beispielsweise auf, welche zusätzlichen Schutzmaßnahmen zu beachten sind, wenn umschnürte Stahlbündel mit Lasthebemagneten gehoben werden sollen. Denn beim Transport wird in der Regel nur ein Teil der Last magnetisiert. Der Teil der Last, der nicht magnetisiert wird, wird folglich durch die Umschnürung gehalten. Somit wird die Umschnürung zum tragenden Element werden und muss die Sicherheit eines Anschlagsmittels haben.

Zudem verdeutlicht die DGUV Regel, dass die Tragfähigkeit eines Lasthebemagneten von vielen Faktoren abhängt. Sie kann bereits gemindert sein, wenn sich ein Gegenstand zwischen Last und Magnet befindet, der so dünn ist wie ein Blatt Papier. Auch ein Luftspalt durch Rost, Schmutz oder Farbe reicht aus, um die Tragfähigkeit erheblich zu reduzieren. Zudem spielen Form, Steifigkeit, Oberflächenbeschaffenheit, Material, Dicke und die Temperatur der Last eine Rolle.

Da allgemein formschlüssige Lastaufnahmemittel, welche die Last entweder umfassen oder unterfassen, als zuverlässiger gelten, sind sie nach Möglichkeit den kraftschlüssig wirkenden Lastaufnahmemitteln vorzuziehen. Bei letzteren wird die Last ausschließlich durch Magnet-, Reib- oder Saugkraft gehalten. Behälter mit gefährlichen Gütern wie Gasen, entzündbaren oder ätzenden Stoffen dürfen sogar nur mit formschlüssigen Lastaufnahmemitteln gehoben werden.

Gefährdungen ermitteln

Für den Betrieb von Lastaufnahmemitteln bedarf es also einer umsichtigen Gefährdungsbeurteilung. Hierfür finden sich wichtige Informationen in der Betriebsanleitung des Herstellers. Schon beim Kauf der Lastaufnahmemittel sollte darauf geachtet werden, dass eine umfassende Betriebsanleitung vorhanden ist. Darin müssen die relevanten und erforderlichen Angaben insbesondere zur Prüfung, Wartung und Instandsetzung enthalten sein. Zudem ist darauf zu achten, dass Instandhaltungsarbeiten nur von einer „befähigten Person“ durchgeführt werden, also von einer Person, die die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten für diese Arbeiten besitzt.

Alle relevanten Informationen, die bei der Verwendung von Lastaufnahmemitteln zu beachten sind – diese stammen unter anderem aus der Betriebsanleitung –, werden den Beschäftigten über die Betriebsanweisung zur Verfügung gestellt. Diese sollte an geeigneter Stelle, beispielsweise am Einsatzort, jederzeit eingesehen werden können. In regelmäßigen Unterweisungen wird zudem der richtige Umgang mit Lastaufnahmemitteln vermittelt.

So müssen Unternehmerinnen und Unternehmer beispielsweise dafür sorgen, dass bei kraftschlüssigen Lastaufnahmemitteln keine Lasten über Personen hinweg befördert werden oder dass das Führen von Lastaufnahmemitteln per Hand nur über die vorgesehenen Handgriffe erfolgt. Vor allem letzteres ist ausschlaggebend, um Handverletzungen zu vermeiden, die schlimmstenfalls Amputationen zur Folge haben können.

Qualifiziertes Personal

Mit dem selbstständigen Anschlagen von Lasten dürfen nur Personen beauftragt werden, die das 18. Lebensjahr vollendet haben sowie körperlich und geistig geeignet sind. Sie müssen unter anderem für die jeweilige Aufgabe zuvor die erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten erworben haben. Dazu gehört auch das Wissen darüber, wie sie Schäden am Lastaufnahmemittel vermeiden.

Ein Beispiel: der Transport von senkrecht hängenden Blechen mittels Blechklemmen. Entscheidend für die Tragfähigkeit ist hierbei insbesondere der Zustand der Greifrillen. Sind diese verschlissen, kann dies schnell zum Lastenabsturz führen. Pendelt das Blech beim Transport, werden die Greifrillen stark beansprucht, Kanten können sogar ausbrechen. Daher ist es beispielsweise wichtig, dass Beschäftigte wissen, wie sie das Pendeln vermeiden und dass Klemmen paarweise zu benutzen sind.

Regelmäßige Prüfungen

Wichtig ist nicht nur, dass Beschäftigte sich unterweisungskonform verhalten. Von Bedeutung ist ebenso, Prüfungen an den Lastaufnahmemitteln festzulegen und diese auch entsprechend vorzunehmen. Bezogen auf Art, Umfang und Fristen sind diese Prüfungen spezifisch an das betreffende Lastaufnahmemittel anzupassen. Abhängig von Benutzung, Konstruktion, Werkstoff und Einsatzbedingungen können die erforderlichen Prüfungen des jeweiligen Lastaufnahmemittels sehr unterschiedlich ausfallen.

Neben diesen Prüfungen, die in der Verantwortlichkeit des Unternehmers oder der Unternehmerin liegen, gibt es eine Prüfung, die Beschäftigte selbst immer vor Arbeitsbeginn am Lastaufnahmemittel durchführen müssen: eine Sichtprüfung auf Lesbarkeit der Kennzeichnung, auf Risse, Verformung, Korrosion und Verschleiß sowie eine Funktionskontrolle aller bewegten Bauteile.

Ablegereife einhalten

Die Ablegereife der Lastaufnahmemittel ist zu definieren und muss auch bei den Beschäftigten bekannt sein. Neben bleibenden Verformungen, beispielsweise durch Überlastung, ist dies oft eine festgelegte maximale Lebensdauer, welche sich in erster Linie an den Hebevorgängen orientiert. Denn Hersteller legen ihre Lastaufnahmemittel nur bis zu einer begrenzten Lastwechselzahl aus, bis zu der es zu keinem Ermüdungsbruch kommen kann.

Wird das Lastaufnahmemittel unzulässigerweise darüber hinaus verwendet, steigt aufgrund von Materialermüdung auch die Wahrscheinlichkeit eines plötzlichen Bruches. Dann können schwerwiegende Unfälle geschehen: Beispielsweise wenn in Folge einer Materialermüdung von C-Haken tonnenschwere Coils, also Bandstahl- oder Stahldrahtrollen, unerwartet zu Boden fallen.

Arno Seuring, BGHM

Gut zu wissen: BGHM-Seminar mit Praxisbezug

Neben dem breit aufgestellten Weiterbildungsangebot der BGHM zum Thema gibt es ab 2022 das praxisbezogene Seminar „Hebezeuge und Lastaufnahmemittel prüfen und sicher verwenden“. Es vermittelt neben Basiskenntnissen über den Aufbau von Hebezeugen und Lastaufnahmemitteln auch die Rechtsgrundlagen für die Prüfung und den sicheren Betrieb. Das Seminar beinhaltet praktische Übungen für die Prüfung, zudem werden in Vorführungen Fehlanwendungen aufgezeigt und es wird demonstriert, wie unbewusste Überlastungen zustandekommen.