Blechteile lagern, transportieren und bearbeiten – so geht’s sicher
Schwerpunktthema: Blechbearbeitung
Im Leichtbau und als Designelemente sind Bleche unverzichtbar. Welche Gefährdungen es gibt – und welche Maßnahmen beim Lagern von Blechen und Coils, beim Transport und bei der Bearbeitung von Blechen für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten zu beachten sind, erfahren Sie im Fachbeitrag.
Bleche sind Halbzeuge aus Metall, deren Dicke in Relation zu Länge und Breite gering ist. Die Gefährdungsbeurteilung ergibt im Falle der Blechbearbeitung
- mechanische Gefährdungen (ungeschützt bewegte Maschinenteile, Teile mit scharfen Kanten, bewegte Transport-/ Arbeitsmittel, unkontrolliert bewegte Teile)
- elektrische Gefährdungen (elektrischer Schlag, Lichtbögen)
- Gefährdungen durch Gefahrstoffe (zum Beispiel durch Einatmen) Brand- und Explosionsgefährdungen (zum Beispiel durch brennbare Flüssigkeiten)
- thermische Gefährdungen (heiße Medien/Oberflächen)
- Gefährdungen durch spezielle physikalische Einwirkungen (Lärm, Ganzkörpervibrationen, Hand-Arm-Vibrationen, Laserstrahlung, Überdruck)
- Gefährdungen durch Arbeitsumgebungen (unzureichende Lüftung, Beleuchtung, Flucht- und Verkehrswege)
- Gefährdungen durch physische Belastung (manuelle Handhabung von Lasten, einseitige dynamische Arbeit)
- Gefährdungen durch psychische Belastung (Überforderung, Unterforderung, häufige Nachtarbeit)
Verständliche und in der Sprache der Beschäftigten verfasste Betriebsanweisungen sprechen die für den jeweiligen Arbeitsbereich spezifischen Gefahren und Maßnahmen an. In Unterweisungen werden Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten vermittelt, damit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sicher und gesund arbeiten können. Die Gefährdung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der Blechbearbeitung kann durch im Folgenden beschriebene Maßnahmen und Lösungen reduziert werden.
Lagern von Blechen und Coils
Lagersysteme, wie beispielsweise vertikale Tafelregale, Schubfachregale oder Blechlagertürme, sorgen dafür, dass eine hohe Lagerdichte entsteht und stehende Bleche nicht umfallen können. Coillager aus Stahl, die am Hallenboden befestigt werden und in denen stehende Coils durch Absteckstangen gehalten werden, gelten als robust und sicher. Mit beweglichen Coilmatten können „Übergangslager“ eingerichtet werden.
Da Fluchtwege im Brandfall lebenswichtig sind und damit Verkehrswege sicher begangen oder befahren werden können, müssen sie immer frei gehalten werden. Scharfkantige Bleche sollten grundsätzlich nicht im Bereich von Verkehrswegen gelagert werden, es sei denn, es werden Schutzwände aufgestellt.
Blechtransport – sicheres Heben und Wenden
Handmagnete, Handsauger, Trageklemmen und Trageklauen sind Beispiele für Hebe- und Tragehilfen für leichte Bleche. Für den Transport schwerer Bleche kommen Hebezeuge und Transportgeräte zum Einsatz. Werden Bleche und Coils mit einem Kran transportiert, sind in der Regel besondere Lastaufnahmemittel (Klauen, Pratzen, Zangen, Hebeklemmen, Vakuumheber, Lasthebemagnete, Parallelogrammzangen, C-Haken) das Mittel der Wahl. Blechklemmen krallen sich in die zu transportierenden Teile und gleiten daher nicht so leicht ab wie Blechhaken.
Grundsätzlich können Bleche, auch solche mit geringer Eigenstabilität, recht gut mit Vakuumhebegeräten gehandhabt werden. Einrichtungen warnen davor, dass Vakuumverluste nicht mehr ausgeglichen werden können. Werden Lasthebemagnete eingesetzt, gibt es zwar keine Unfallgefahren beim Anlegen oder Lösen von Anschlagmitteln oder Lastaufnahmemitteln. Da die Auswahl von Magneten aufgrund ihrer Vielfalt und spezifischen Eigenschaften allerdings schwierig ist, ist die Nutzung von Lasthebemagneten sicherheitshalber mit dem Magnethersteller abzustimmen.
Magnettraversen mit drehbaren Magneten können an die Materialbreite angepasst werden und die Positionierung der Magnete vereinfachen. Grundsätzlich gilt: Aus Sicherheitsgründen dürfen Lasten, die nur durch Magnet-, Reib- oder Saugkräfte gehalten werden, nicht über Personen hinweggehoben werden. Damit Anschlagmittel nicht beschädigt werden und reißen, führt man sie nur mit Kantenschonern/Schutzschläuchen über scharfe Kanten. Beim Wenden von Coils haben sich Wendematten gegen Wegrutschen der Coils bewährt.
Blechbearbeitung mit Werkzeugen und Maschinen
Um Schnittverletzungen zu vermeiden, tragen Beschäftigte bei der Blechbearbeitung Schutzhandschuhe. Für Handwerkzeuge gilt: Es sollten nur Qualitäts-Handwerkzeuge beschafft werden, bei denen insbesondere auf Formgebung, Händigkeit und Oberflächenbeschaffenheit der Griffe zu achten ist. Distanzhalter an Qualitäts-Handblechscheren beugen Verletzungen vor; manche Handblechscheren sind zusätzlich mit Schutzbügeln ausgestattet, die den Kontakt mit scharfen Schnittkanten verhindern.
Um Verpackungsbänder zu trennen, sind spezielle Stahlbandscheren das Mittel der Wahl: Sie verhindern, dass unter Spannung stehende Schnittenden peitschen. Die oben genannten Handwerkzeuge sind vom Anwender oder der Anwenderin vor jeder Benutzung auf augenfällige Mängel zu prüfen. An Handhebelscheren sorgt die eingelegte Hebelsicherung dafür, dass der Handhebel nicht unbeabsichtigt herabfällt; der Niederhalter vermeidet das Hochkanten der Werkstücke.
Blechbearbeitungsmaschinen gehören teils zu den besonders gefährlichen Maschinen. Neumaschinen, die mit der hier in erster Linie zu nennenden Maschinenrichtlinie 2006/42/EG übereinstimmen, bieten ein hohes Schutzniveau. Das GS-Zeichen ist ein weltweit anerkanntes Sicherheitszeichen, welches nach positiv abgeschlossener Prüfung eines Produkts durch eine zugelassene Stelle inklusive Werks-Erstbesichtigung angebracht werden darf. Um ein böses Erwachen zu vermeiden, vereinbart der spätere Betreiber beim Einkauf einer neuen Blechbearbeitungsmaschine mit dem Lieferanten oder dem Importeur über die Richtlinienkonformität hinaus am besten, dass die arbeitsmittelspezifische europäische Norm eingehalten wird – zum Beispiel die DIN EN 12622 beim Kauf einer neuen hydraulischen Gesenkbiegepresse. Bei der Beschaffung einer gebrauchten Blechbearbeitungsmaschine kann eine Vereinbarung im Kaufvertrag, dass die Gebrauchtmaschine die Beschaffenheitsanforderungen nach Betriebssicherheitsverordnung erfüllt, den Kaufenden davor bewahren, dass Nachrüstkosten auf ihn zukommen.
An Blechbearbeitungsmaschinen dürfen in der Regel nur Personen beschäftigt werden, die über 18 Jahre alt sind. Speziell bei Pressen gilt: Wegen der besonderen Gefährlichkeit dürfen sie nur von Personen eingerichtet und erforderlichenfalls nach dem „Vier-Augen-Prinzip“ kontrolliert werden, die dafür ausgebildet und mindestens 18 Jahre alt sind.
Pressen werden für die Nutzung derart vorbereitet, dass für jede Bedienperson technische Schutzmaßnahmen ergriffen sind. Wiederkehrende Prüfungen sollen Werkzeugmaschinen auf dem geforderten Sicherheitsniveau halten und helfen damit, Unfälle zu verhindern. Die Betriebssicherheitsverordnung fordert, dass die Befunde wiederkehrender Prüfungen mindestens bis zur nächsten Prüfung aufbewahrt werden. Prüfplaketten, die nach positiv abgeschlossenen wiederkehrenden Prüfungen – also wenn keine bestehenden gravierenden Sicherheitsmängel festgestellt wurden – angebracht werden, zeigen der Bedienerin oder dem Bediener, dass der nächste Prüftermin noch nicht erreicht ist.
Instandhaltungsarbeiten dürfen an diesen Maschinen nur von Fachleuten durchgeführt werden und nur, nachdem die Maschine in einen sicheren Zustand versetzt worden ist. Die Art und Weise, wie Blech geschnitten wird, hat einen großen Einfluss auf die Wahl der Arbeitsschutzmaßnahmen:
Beim thermischen Schneiden ist die Atemluft der Beschäftigten von gesundheitsgefährdenden Stoffen frei zu halten – durch Absaugung im Entstehungsbereich und/oder durch weitere Maßnahmen wie technische Raumlüftung oder eine Kombination aus diesen.
Ein Vorteil des Wasserstrahlschneidens bei der Blechbearbeitung ist, dass kein Staub, kein Rauch und keine Dämpfe entstehen. Recyclingsysteme bereiten das Schneidwasser auf und speisen es danach wieder in den Kreislauf ein. Die in blechverarbeitenden Betrieben im Allgemeinen zu erwartenden hohen Lärmpegel sind vorrangig durch technische Lärmminderung zu vermeiden, beispielsweise
- an Maschinen durch schalldämmende Auskleidungen, Schwingungsisolation oder Kapselungen,
- an Maschinenwerkzeugen durch die Bauweise oder die Einstellung von Betriebsparametern,
- durch bauliche Maßnahmen wie schallschluckende Konstruktionen.
Spätestens ab einem Tages-Lärmexpositionspegel am Arbeitsplatz von 85 dB(A) müssen die Beschäftigten Gehörschutz tragen. Empfohlen wird dies bereits ab 80 db(A). Für die Beleuchtung am Arbeitsplatz gilt grundsätzlich:
Weil Licht Einfluss auf das Wohlbefinden des Menschen und seine Leistungsfähigkeit hat, ist eine ausreichende Beleuchtung wichtig. Vorteilhaft ist die Beleuchtung durch Tageslicht, die durch künstliche Beleuchtung ergänzt wird. Maßvolle Leistungsvorgaben vermeiden, dass sich Beschäftigte gestresst fühlen. Durch Monotonie entstehende Langeweile oder Unterforderung kann durch Job-Rotation vorgebeugt werden. Arbeitszeitverkürzungen, zum Beispiel in der Nachtschicht, sind aus gesundheitlichen Gründen anzustreben.
Martin Schulte, BGHM