Verunfallte Elektrofahrzeuge

Abschleppen und Bergen: Diese Qualifizierung brauchen Beschäftigte

Elektrofahrzeuge sind von den Straßen nicht mehr wegzudenken. Das heißt, auch sie können in Unfälle verwickelt werden oder durch eine Panne liegen bleiben. Doch was bedeutet das für die Beschäftigten von Abschlepp- und Bergediensten?

Gehen von verunfallten E-Fahrzeugen größere Gefahren für sie aus als von solchen mit Verbrennermotoren? Und welche Qualifikation brauchen die Beschäftigten, um sicher und gesund arbeiten zu können?

Keine erhöhte Gefahr bei E-Autos

Eines vorweg: Auch im Fall einer Panne oder eines Unfalls gehen von rein batteriebetriebenen Elektroautos und Hybridfahrzeugen keine größeren Gefahren aus als von konventionellen Benzin- oder Gasfahrzeugen. Die Fahrzeughersteller haben vielfältige technische Schutzmaßnahmen integriert, um die Fahrzeugnutzerinnen und -nutzer sowie das Berge- und Werkstattpersonal zu schützen.

Mit dem Auslösen des Airbags oder dem Durchtrennen der Rettungsstellen schaltet sich das Hochvoltsystem (HV-System) ab. Darüber hinaus verhindert eine vollständige galvanische Trennung des HV-Systems von der Fahrzeugkarosserie, dass die Karosserie unter Spannung stehen kann.

Verunfallte Elektrofahrzeuge: Abschleppen und Bergen
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Qualifizierung sorgt für Sicherheit

Welche Ausbildung die Beschäftigten von Rettungs- und Bergediensten haben sollten, um sicher an verunfallten E-Fahrzeugen zu arbeiten, steht in der DGUV Information 209-093 „Qualifizierung für Arbeiten an Fahrzeugen mit Hochvoltsystemen“. Demnach ist mindestens eine Qualifikation zur „Fachkundig unterwiesenen Person“ (FuP – 1S) erforderlich.

Bei unklaren Situationen oder wenn eine elektrische Gefährdung nicht ausgeschlossen werden kann, ist eine „Fachkundige Person für Hochvoltsysteme“ (FHV) Stufe 2S oder 3S hinzuzuziehen. Das ist auch dann zu tun, wenn nach einem Unfall die Sicherheitseinrichtungen und die automatische Deaktivierung des HV-Systems nicht greifen oder wenn das nicht beurteilt werden kann und dadurch eine elektrische Gefährdung nicht ausgeschlossen ist. Eine solche Situation kann bei diversen Unfall-Szenarien, zum Beispiel bei einem Heckaufprall ohne Airbag-Auslösung, schweren Unfällen mit Brandereignis oder stark beschädigten Fahrzeugen, der Fall sein.

Gefährdungen einschätzen, Schutzmaßnahmen treffen

Das Abschlepp- und Bergeteam vor Ort muss die speziellen Gefährdungen und Schutzmaßnahmen an Unfallstellen einschätzen und damit umgehen können. Die dafür notwendigen Kenntnisse vermitteln Qualifizierungen gemäß DGUV Information 209-093. Außerdem müssen Beschäftigte beim Abschleppen und Bergen die Vorgaben der Fahrzeughersteller beziehungsweise die Angaben in der Betriebsanleitung der Fahrzeugherstellfirma zum Abschleppen unbedingt beachten. Hiervon klar abzugrenzen sind über die zum Abschleppen notwendigen Tätigkeiten hinausgehende Reparaturarbeiten. Diese müssen von FHV in einer geeigneten Werkstattumgebung durchgeführt werden.

Die hier beschriebenen Regelungen zu Qualifizierung und Kenntnissen sind in Verbindung mit der DGUV Vorschrift 1„ Grundsätze der Prävention“ und der DGUV Vorschrift 3 „Elektrische Anlagen und Betriebsmittel“ die Vorgaben der Unfallversicherungsträger, um Arbeitsunfälle in Verbindung mit verunfallten HV-Fahrzeugen zu verhindern.

Lars Kopka, BGHM

Kommentar des Autors

Die Qualifizierungen 1S, 2S und 3S gemäß DGUV Information 209-093 werden deutschlandweit von vielen Schulungsanbietern durchgeführt. Sie allein berechtigen zum eigenverantwortlichen Arbeiten an Hochvoltfahrzeugen. Auch Beschäftigte von Bergungs- und Abschleppdiensten sind mit den Kenntnissen, die sie in diesen Qualifizierungen erwerben, ausreichend auf die Arbeit an verunfallten E-Fahrzeugen vorbereitet.

Lars Kopka
© BGHM

Ausgabe 6/2024