Versicherungsschutz bei der Arbeit von zu Hause aus
Verletzt durch die private Heizungsanlage
Weil die Heizkörper am heimischen Arbeitsplatz kalt blieben, ging ein Beschäftigter in den Heizkeller, um die Kesselanlage zu überprüfen. Als er den Temperaturregler hochdrehen wollte, kam es wegen eines Defekts zu einer Verpuffung in der Heizanlage. Ob es sich bei den in diesem Zusammenhang erlittenen Verletzungen um die Folgen eines Arbeitsunfalls handelte, hatte nun das Bundessozialgericht (BSG) zu entscheiden.
Der Kläger nutzte das Wohnzimmer seines Hauses als häuslichen Büroarbeitsplatz. Kalte Heizkörper brachten ihn dazu, den Heizkessel in seinem Keller zu überprüfen und Einstellungen vorzunehmen. Wegen eines Defekts an der Heizanlage kam es zu einer Verpuffung. Dabei wurde die Zugluftklappe aus der Wand des Kamins geschleudert und traf den Beschäftigten im Gesicht. Die Folge war unter anderem eine schwere Augenverletzung.
Gericht entscheidet auf Arbeitsunfall
Das Bundessozialgericht entschied nun, dass es sich bei der Verpuffung in der privaten Heizungsanlage und den Verletzungsfolgen um einen Arbeitsunfall gehandelt hatte. Es komme bei der Frage nach dem gesetzlichen Unfallversicherungsschutz allein auf die objektivierte Handlungstendenz der Versicherten an – und die war im konkreten Fall auf die Erfüllung einer unternehmensdienlichen Verrichtung gerichtet: Der Beschäftigte hatte eine höhere Zimmertemperatur herstellen wollen, um die unmittelbare betriebliche Tätigkeit weiter ausüben zu können.
Heizung wurde unternehmensdienlich genutzt
Wenn das Betätigen des Temperaturreglers betriebsdienlich und damit versichert war, konnte ein wegen derselben Sache verursachter Unfall nicht dem unversicherten Bereich zugeordnet werden. Im häuslichen Arbeitsumfeld besteht der innere Zusammenhang zwischen der Verrichtung zur Zeit des Unfalls und der versicherten Tätigkeit auch bei Gefahren, die von privaten Gegenständen des Versicherten ausgehen und auftreten, wenn die Gegenstände in Ausübung der versicherten Tätigkeit unternehmensdienlich genutzt werden. Da der Kläger mit seiner privaten Heizung seinen häuslichen Arbeitsplatz wärmen wollte, stellte die Heizungsanlage insoweit (auch) eine betriebliche Einrichtung dar, deren Betriebsgefahr sich verwirklichte.
Dass die präventive und sichere Gestaltung des häuslichen Arbeitsplatzes durch den Arbeitgeber nur eingeschränkt möglich ist, schließt den Versicherungsschutz laut BSG nun ebenso wenig aus wie den Grundsatz der Haftungsfreistellung des Unternehmers. Letzterer besagt, dass der gesetzliche Unfallversicherungsträger bei einem Arbeitsunfall für den Unternehmer die Haftung für Schäden übernimmt, die versicherte Beschäftigte erleiden. Der Schutz für die Versicherten und die damit zusammenhängende Haftungsablösung sind nicht an eine erfolgreiche Prävention geknüpft. Schließlich sind auch bei außerbetrieblichen Betriebswegen und der Wegeunfallversicherung Risiken versichert, auf die der Arbeitgeber keinen Einfluss hat (BSG, Urteil vom 21.03.2024, B 2 U 14/21 R).
Thomas Dunz, BGHM
Ausgabe 6/2024