Hilfsmittel

Innovative Unterstützung für die Rehabilitation

Wenn Beschäftigte einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit haben, erhalten sie von der für sie zuständigen Berufsgenossenschaft Unterstützung. Ein wichtiger Aspekt sind dann oft auch notwendige Hilfsmittel, die dazu beitragen, dass die Betroffenen ihren Beruf trotz möglicher Einschränkungen weiterhin ausüben und sich im Alltag bestmöglich zurechtfinden können.

Die Berufsgenossenschaften stellen eine Vielzahl von Hilfsmitteln bereit, um die Rehabilitation und Wiedereingliederung von Versicherten in das Arbeitsleben zu unterstützen. Dabei werden die individuellen Bedürfnisse der Versicherten berücksichtigt. Es gibt beispielsweise orthopädische Hilfsmittel wie Prothesen, Orthesen oder Rollstühle, aber auch technische Systeme für den Arbeitsplatz, wie spezielle Werkzeuge oder ergonomische Möbel.

Hilfsmittelmanagement

Hilfsmittel
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Die Hilfsmittelmanagerinnen und -manager der BGHM spielen eine zentrale Rolle bei der Versorgung der betroffenen Beschäftigten mit benötigten Hilfsmitteln. Zu den Aufgaben des Hilfsmittelmanagements gehört es, die persönlichen Bedürfnisse der Betroffenen zu identifizieren, sie zu beraten, geeignete Hilfsmittel auszuwählen und die baldmögliche Bereitstellung sicherzustellen. Auch die Anpassung der Hilfsmittel sowie die Zusammenarbeit mit verschiedenen Fachkräften für eine optimale Versorgung sind zentrale Aufgaben des Hilfsmittelmanagements.

„Digitale Gesundheitsanwendungen“ – ein Hilfsmittel der Wahl

Die gesetzlichen Unfallversicherungsträger erbringen für ihre Versicherten gemäß Sozialgesetzbuch VII (SGB VII) Leistungen „mit allen geeigneten Mitteln“. Das bedeutet, dass auch neue, auf den ersten Blick vielleicht ungewöhnliche Hilfsmittel eingesetzt werden. Ein Beispiel dafür sind „Digitale Gesundheitsanwendungen“ (DiGA). Dabei handelt es sich um Medizinprodukte, deren Hauptfunktion wesentlich auf digitalen Technologien beruht. Lässt sich ein Gesundheitsschaden, der einem Versicherten durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit entstanden ist, mit Hilfe von DiGA beseitigen, bessern oder eine Verschlimmerung verhindern, können sie zum Einsatz kommen. Voraussetzung ist, dass eine DiGA einen der folgenden Zwecke erfüllt:

Die DiGAs, die gesetzliche Unfallversicherungsträger einsetzen, müssen im DiGA -Verzeichnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte aufgeführt sein. Zudem müssen sie von einer behandelnden Ärztin, einem behandelnden Arzt, einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten verordnet oder von den Unfallversicherungsträgern genehmigt worden sein. Sofern zur richtigen Anwendung von DiGAs ein Aufklärungsgespräch erforderlich oder über Kontraindikationen zu informieren ist, haben dies die Unfallversicherungsträger zu veranlassen.

Innovative Hilfsmittel für beste Versorgung

Eine schnelle, bedarfsgerechte Versorgung mit einem Hilfsmittel kann nicht nur dazu beitragen, dass betroffene Beschäftigte ihren Beruf trotz gesundheitlicher Einschränkungen weiter ausüben und sich im Alltag zurechtfinden können. Sie kann außerdem die Lebensqualität entscheidend verbessern und Rehabilitationsmaßnahmen verringern und gegebenenfalls überflüssig machen, die ohne die Hilfsmittelversorgung eventuell notwendig wären.

Unterschenkelprothese
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Ein Praxis-Beispiel für einen innovativen Hilfsmittel-Einsatz: Ein Beschäftigter verletzte sich bei einem Arbeitsunfall so schwer, dass ihm der Unterschenkel, nach einem Erhaltungsversuch, amputiert werden musste. Um den Mann vor Phantomschmerzen und Neurombeschwerden zu schützen, kam eine innovative OP-Methode, genannt Agonist- Antagonisten-Myoneural-Interface mit einer Target Sensory Reinnervation (TSR), zum Einsatz.

Die Nerven, die zum Fuß gehörten, wurden in die Muskulatur um den Stumpf herum gelegt. Dabei wurden die Nervenenden nicht gekappt und verödet, sondern erhalten und in die vorhandene Muskulatur eingebettet. Die Operation stellte die Weichen für die weitere bestmögliche Heilbehandlung. Durch diese moderne OP-Methode sollen Betroffene in die Lage versetzt werden, Teile ihres nicht mehr vorhandenen Fußes weiterhin zu „ spüren“. Dieses Feedback an das Gehirn soll Phantomschmerzen und Neurombeschwerden verhindern.

Ein weiterer Aspekt ist es, die Einnahme von Schmerzmitteln zu vermeiden oder zumindest zu reduzieren. Im Anschluss an die OP wurde der Versicherte mit einem vibrotaktilen Feedbacksystem ausgestattet. Er erhält mittels einer Sensorsocke, die über den Prothesenfuß gezogen wird, vibrotaktile Stimulationen an Hautarealen am Amputationsstumpf. Dafür nimmt die Sensorsocke die Abrollbewegung beim Gehen auf. Ein intelligentes Silikonpad oder eine Manschette am Oberschenkel überträgt diese Informationen mittels Vibrationsmuster an den Körper. So spürt der Versicherte beim Gehen sein Gangbild eins zu eins auf dem Stumpf. Das führt zu einer Neuorganisation beziehungsweise Neuprogrammierung der Hirnareale, was wiederum die Gangstabilität und damit die Sicherheit beim Gehen erhöht.

Moderne Technik und innovative Lösungen

In der gesetzlichen Unfallversicherung spielen die unterschiedlichsten Hilfsmittel eine wichtige Rolle dabei, Versicherte nach Arbeitsunfällen oder bei Berufskrankheiten zu unterstützen. Voraussetzung für eine effektive Versorgung sind gut koordinierte Maßnahmen, die auch moderne Technik und innovative Lösungen einbeziehen. Für das Hilfsmittelmanagement der BGHM bedeutet das, immer auf dem aktuellen Stand der medizinischen Entwicklung zu sein und den Versicherten so eine moderne Hilfsmittelversorgung zu ermöglichen.

Sabine Reipschläger, BGHM

Schmerzen nach Amputationen

Phantomschmerzen zählen zu den großen Herausforderungen für Menschen, die Gliedmaßen verloren haben. Sie entstehen dadurch, dass das Gehirn auch nach einer Amputation versucht, Informationen über den verloren gegangenen Körperteil einzuholen. Bei diesem vergeblichen Versuch schaltet es auf höchste Sensitivität – ein Phänomen des Phantomschmerzes. Neuromschmerzen treten auf, wenn sich verletzte oder durchtrennte Nerven regenerieren, wobei sich ein Neurom, ein Knoten, bildet, der sehr druckempfindlich ist. Phantomals auch Neuromschmerzen können das Tragen einer Prothese unmöglich machen.

Ausgabe 6/2024