Voraussetzungen für die Anerkennung als Wegeunfall
Krank zurück nach Hause statt zur Arbeit
Schon auf dem Weg zur Arbeit, aber eigentlich zu krank, um die Schicht anzutreten: Ein Beschäftigter dreht um und verunfallt. Über die Frage, ob es sich dabei um einen Wegeunfall handelte, hatte das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen zu entscheiden.
Der Kläger war am Abend seines Unfalls zunächst in Richtung Arbeitsstätte zur Spätschicht unterwegs. Auf dem Weg ging es ihm aber gesundheitlich so schlecht, dass er umkehrte und wieder zurück nach Hause fuhr. Dann verunglückte er und verletzte sich. Das LSG musste nun die Frage klären, ob es sich um einen versicherten Heimweg handelt, wenn die Fahrt zur Arbeitsstätte wegen einer Erkrankung abgebrochen wird.
Die Entscheidung des LSG: Ein Wegeunfall lag nicht vor und damit bestand kein Schutz durch die gesetzliche Unfallversicherung. Die Begründung: Die Rückfahrt sei kein Heimweg von der Arbeit gewesen und habe damit in keinem Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit gestanden.
Handlungstendenz ist entscheidend
Ob das Zurücklegen eines Weges ein gesetzlich unfallversicherter Arbeitsweg ist, hängt nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) von der objektivierten Handlungstendenz des Betroffenen ab. Das heißt: Ergibt sich aus dessen Verhalten, dass die zum Unfall führende Fortbewegung subjektiv darauf ausgerichtet war, die Arbeitsstätte oder nach der Arbeit das Zuhause zu erreichen, ist die Handlungstendenz darauf gerichtet, den versicherten Weg zurückzulegen. Es handelt sich dann um einen Arbeitsweg, der unter gesetzlichem Unfallversicherungsschutz steht.
Ist der unmittelbar vor dem Unfall zurückgelegte Weg hingegen darauf ausgerichtet, ein privates beziehungsweise eigenwirtschaftliches Ziel zu erreichen, liegt eine privatwirtschaftliche Handlungstendenz vor, wodurch der gesetzliche Unfallversicherungsschutz nicht greift. Der Kläger hatte die Arbeitsstätte noch nicht erreicht, bevor er umgedreht war. Damit befand er sich nicht auf einem Heimweg von der Arbeitsstätte. Auch dass er deshalb nicht mehr in Richtung Arbeitsstätte gefahren sei, weil er krankheitsbedingt arbeitsunfähig gewesen sei und möglichst schnell nach Hause gewollt habe, brachte die Fahrt zurück nach Hause nicht in ausreichenden inneren Zusammenhang mit der Tätigkeit.
Der innere Zusammenhang zur betrieblichen Tätigkeit sei in dem Moment aufgelöst worden, als er sich dazu entschloss, die Spätschicht aus gesundheitlichen Gründen nicht anzutreten und sich arbeitsunfähig nach Hause zu begeben. Von da an sei er eigenwirtschaftlich unterwegs gewesen (LSG Niedersachsen-Bremen, 21.02.2024, L 3 U 52/23).
Thomas Dunz, BGHM
Ausgabe 5/2024