Hütten- und Gießereisymposium: Praxisbeispiele für den Arbeitsschutz

BGHM-Fachveranstaltung in der Georgsmarienhütte

Zum achten Mal lud die BGHM zum „ Hütten und Gießereisymposium“ ein. Neben allgemeinen Themen zu sicherer und gesunder Arbeit ging es auch um die Entstehung von Grenzwerten, Cybersicherheit, Nachhaltigkeit von Begehungen oder die Entwicklung in Sachen Wasserstoff.

Etwa 80 Fachleute kamen Anfang Juli im Elektrostahlwerk der Georgsmarienhütte in der gleichnamigen Stadt in Niedersachsen zusammen. Der Grund: intensiver fachlicher Austausch zu Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit auf dem „ Hütten- und Gießereisymposium“ 2024 der BGHM.

„Wir freuen uns, dass das Hütten- und Gießereisymposium mit seinen aktuellen Themen auch in diesem Jahr wieder die Fachleute der Branchen für den effektiven, persönlichen Austausch zusammengebracht hat“, sagte Dr. Isabell Serwas. Sie gehört als Fachreferentin für Hütten, Gießerei, Walzwerke und Metallurgie bei der BGHM zum Organisationsteam für die Fachveranstaltung.

BGHM-Fachveranstaltung in der Georgsmarienhütte
© BGHM

Arbeitsschutz ist Top-Thema in der Georgsmarienhütte

Das Unternehmen, das den Veranstaltungsort zur Verfügung stellte, zeigte sich zugleich als gutes Beispiel für vorbildlichen Arbeitsschutz. Alexander Naujoks, Geschäftsführer der Georgsmarienhütte Holding GmbH, berichtete von den Erfolgen speziell aus dem Jahr 2023: „Wir hatten Arbeitssicherheit offiziell zum Top-Thema erklärt. Uns war aber klar, dass wir sie nur in der DNA unseres Unternehmens verankern können, wenn wir die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aktiv daran beteiligen.“

So konnten Beschäftigte aller Standorte Ideen für Maßnahmen einreichen, die sie für ihren Arbeitsbereich besonders sinnvoll fanden – immer mit dem Ziel, die Zahl der Arbeitsunfälle zu senken und das Bewusstsein dafür zu schärfen, wie wichtig es ist, sicher und gesund zu arbeiten. Ein Expertengremium aus betriebseigenen Fachkräften für Arbeitssicherheit aller Standorte entschied über die Priorisierung der umzusetzenden Maßnahmen.

Zu den Vorschlägen, die mit Hilfe eines von der Unternehmensführung zur Verfügung gestellten millionenschweren Sonderfonds für Arbeitsschutzmaßnahmen umgesetzt werden konnten, gehörten zum Beispiel an einzelne Maschinen angepasste und individuell einstellbare Arbeitspodeste oder ein mit einer Herstellerfirma entwickelter formschlüssiger Hebemagnet zum Transport von Stahlknüppeln. Von 183 eingereichten Maßnahmen konnten 79 umgesetzt werden. Das Ergebnis formulierte Naujoks klar: „Wir haben die Arbeitsunfallzahlen um die Hälfte reduzieren können. Gelungen ist uns das, indem wir den Sonderfonds mit weiteren Maßnahmen, wie intensiveren betriebsinternen Begehungen, flankiert haben.“

Routinen hinterfragen – Arbeitssicherheit verbessern

Im Stahlwerk der Peiner Träger GmbH werden immer häufiger Routine-Prozesse hinterfragt. Denn: „Das haben wir immer schon so gemacht“ reicht im Unternehmen nicht als Basis für optimalen Arbeitsschutz. Seit rund 30 Jahren wird dort mit dem Elektrolichtbogenverfahren Stahl erzeugt. Mit dem Ziel „Null Unfälle“ forcieren die Arbeitsschutzverantwortlichen derzeit hüttenweit einen Kulturwandel, was das Thema Arbeitssicherheit betrifft.

Ein zentraler Aspekt hierfür ist, Beschäftigte unter dem Motto „#SINNEschärfen“ zu ermutigen, auch bisher bewährte Arbeitsabläufe zu hinterfragen und, wenn notwendig, in die Umsetzung von angepassten oder neuen Arbeitsschutzmaßnahmen zu gehen. Beispielhaft dafür stellte Stahlwerksleiter Christoph Wollbold auf dem „Hütten- und Gießereisymposium“ das Projekt „Kritische Hinterfragung des Wechsels von Wandelementen am Ofengefäß“ vor, das im Schmelzbetrieb durchgeführt wird. „Im Störfall kann es notwendig sein, die wassergekühlten Wandelemente im noch warmen Zustand ein- und auszubauen. Das bisherige angewandte Verfahren, sie auf Leitern stehend auszutauschen, sahen wir als kritisch an“, sagte Wollbold.

Mehr Sicherheit dank stationärer Arbeitsbühnen

Mit Unterstützung von Fachleuten der BGHM entwickelte ein Team bestehend aus Beschäftigten verschiedener Fachabteilungen, des Schichtbetriebes und der Arbeitnehmervertretung Ideen und Ansätze, um den Arbeitsablauf sicher zu gestalten. Drei Jahre lang wurden unterschiedliche Lösungsvorschläge geprüft und erprobt. „Wir entschieden uns für den Einsatz stationärer Arbeitsbühnen, die direkt am Tragrahmen des Ofengefäßes montiert werden“, so Wollbold. Allerdings mussten solche Arbeitsbühnen speziell angefertigt werden. Dafür war es zunächst notwendig, den Ofen zu scannen, um mögliche Kollisionspunkte im Einbaubereich des Ofengefäßes zu erkennen.

Nach dem Scan wurden ein 3D-Modell und die entsprechende 3D-Zeichnung erstellt, die als Basis für die Konstruktion der Arbeitsbühnen als auch für die konstruktiven Änderungen am Ofengefäß dienten. Im Winterstillstand des Stahlwerks Ende 2024 werden die Arbeitsbühnen eingebaut. Wollbold fasste zusammen: „Der Austausch der Kühlelemente wird dadurch einfacher, ergonomischer und vor allem sicher. Dieses Projekt ist ein gelungenes Beispiel für die gelebte Arbeitssicherheit in unserem Werk in Peine. Wir haben Routinen hinterfragt und die Arbeitssicherheit am Standort in Teamarbeit optimiert.“

Ausgabe 5/2024