Berufskrankheit Nr. 2301 „Lärmschwerhörigkeit“
Neues Ampelschema erleichtert Expositionsbewertung
Um einfacher und besser beurteilen zu können, ob es sich bei einer Schwerhörigkeit um eine Berufskrankheit (BK) „Lärmschwerhörigkeit“ mit der BK- Nummer 2301 handelt, stehen jetzt Einwirkungstabellen in Form eines Ampelschemas zur Verfügung. Sie erleichtern die Expositionsbewertung und berücksichtigen die Unterschiede zwischen Männern und Frauen.
Bei einem Verdacht auf eine BK stellt der zuständige gesetzliche Unfallversicherungsträger in einem Berufskrankheitenverfahren fest, ob die vorliegende Erkrankung durch Einwirkungen am Arbeitsplatz verursacht wurde. Dafür muss bei der BK-Nr. 2301 „Lärmschwerhörigkeit“ die arbeitsbedingte Lärmexposition ermittelt werden.
Eine im Jahr 2021 von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) initiierte Expertengruppe, bestehend aus Hals-Nasen- Ohren-Ärztinnen und -Ärzten sowie Vertreterinnen und Vertretern der gesetzlichen Unfallversicherungsträger, dem Institut für Arbeitsschutz der DGUV (IFA) und der DGUV, hat nun ein neues Ampel-Schema in Tabellenform eingeführt.
Ampelschema in Tabellenform
Damit soll einfacher und besser beurteilt werden können, welche Bedeutung eine ermittelte Lärmeinwirkung für eine vorliegende Schwerhörigkeit hat. Dies geschieht entweder als ELD-Wert, dem Wert der effektiven Lärmdosis, oder über die Berufsjahre mit definiertem Beurteilungspegel. Beim Beurteilungspegel handelt es sich um den äquivalenten Dauerschallpegel über acht Stunden (LEX,8h).
Außerdem gibt es zwei unterschiedliche Tabellen: eine für Männer und eine für Frauen. Denn Frauen hören im Alter nachweislich besser als Männer, reagieren aber empfindlicher auf Lärm. Die Unterschiede zwischen den Geschlechtern wirken sich beispielsweise so aus: Für Männer liegt bei < 1 ELD keine relevante Einwirkung im Sinne der BK-Nr. 2301 vor und für Frauen bei < 0,7 ELD. Bei Werten für Männer von > 2,1 ELD und für Frauen von > 1,4 ELD ist von einer relevanten Einwirkung auszugehen.
Die zwei Einwirkungstabellen wurden auf Basis der Norm ISO 1999:2013 erarbeitet. Sie beschreibt eine Methode zur Berechnung der statistisch zu erwartenden permanenten Hörschwellenwertverschiebung (PTS) aufgrund von Lärm. Die neuen Einwirkungstabellen werden Unfallversicherungsträgern, HNO-Gutachterinnen und HNO-Gutachtern sowie Gerichten als Arbeitsgrundlage dienen. Bei der Bewertung der BKNummern 2101 „Erkrankungen der Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebes sowie der Sehnen- oder Muskelansätze“ und 2113 „Carpaltunnel- Syndrom“ kommt ein solches Ampel-Schema bereits zum Einsatz.
So funktioniert das Ampel-Schema
Im jeweiligen Präventionsbezirk der BGHM werden die Art, Dauer und Höhe der arbeitsbedingten Lärmeinwirkung ermittelt. Mit Hilfe der Einwirkungstabellen kann abgeschätzt werden, wie relevant die Einwirkung für die Entstehung einer Lärmschwerhörigkeit war. Das Ergebnis ist farblich hinterlegt.
Bei grün liegt keine relevante Einwirkung vor, gelb weist auf eine erhöhte Einwirkung hin und rot auf eine relevante. Im BK-Verfahren sind die Einwirkung auf der einen Seite und das Ausmaß des eingetretenen Körperschadens auf der anderen Seite gegenüberzustellen.
© BGHM
Dies bedeutet, dass bei einem lärmtypischen Hörkurvenverlauf mit geringem Hörverlust schon in der Risikoklasse „gelb“ (erhöhte Einwirkung) eine relevante Einwirkung im Sinne der BK-Nr. 2301 gegeben sein kann. Es wird daher empfohlen, das Vorliegen einer relevanten Einwirkung immer dann anzunehmen, wenn ein lärmtypischer Hörkurvenverlauf vorliegt und die Einwirkung den Risikoklassen „rot“ oder „gelb“ zugeordnet ist.
Frank Weisgerber, BGHM
Ausgabe 5/2024