Maschinenrichtlinie abgelöst
Neue europäische Maschinenverordnung: Inhalte, Fristen, zentrale Aspekte
Ausführliche Verfahrensbeschreibungen für Maschinenhersteller, eine geänderte Aufteilung der gefährlichen Maschinen, „Künstliche Intelligenz“ und „Cybersicherheit“ als neue Aspekte: Dies sind nur einige der Änderungen, mit denen die neue europäische Maschinenverordnung in Kraft getreten ist und die Maschinenrichtlinie 2006/42/EG abgelöst hat. Am 14. Juli ist die neue europäische Maschinenverordnung in Kraft getreten.
Für verschiedene diesem Recht unterworfene Gruppen gibt es unterschiedliche Umsetzungsfristen (siehe Tabelle). Von den Marktteilnehmern ist die Verordnung beispielsweise 42 Monate nach Inkraftsetzen anzuwenden. Bis alle Fristen erfüllt sind, gilt die Maschinenrichtlinie 2006/42/EG (MRL), die von der neuen Maschinenverordnung abgelöst wurde, weiter. Der Begriff „Marktteilnehmer“ ist übrigens eine der Neuerungen und umfasst Hersteller, autorisierte Repräsentanten des Herstellers in der EU, Importeure oder Verkäufer. Die neue Maschinenverordnung muss nun in ein nationales Durchführungsgesetz gegossen werden, in dem unter anderem Regelungen zur Amtssprache und zu Strafen zu finden sein werden.
Verfahren und Inhalte angepasst und geschärft
Zum einen wurden in der neuen Maschinenverordnung die Verfahren, die sowohl die Mitgliedsstaaten als auch die EU-Kommission betreffen, dem „New Legislative Framework“ (NLF) angepasst. Der NLF bestimmt unter anderem die Regeln für die Konformitätserklärung, bei der geprüft wird, ob ein Produkt den EU-Vorschriften und -Normen entspricht. Zudem sind die Verfahren, die zur Konformitätserlangung durch die Maschinenhersteller führen, ausführlich und abschließend bestimmt worden. Zum anderen wurden technische Inhalte geschärft und angepasst. Neben besser verständlich aufgebauten Unterpunkten ist nicht nur die geänderte Aufteilung des neuen Anhangs I „Hochrisiko-Maschinen", der als gefährlich angesehene Maschinen betrifft, nennenswert, sondern auch die Implementierung der Themen „Künstliche Intelligenz“ (KI) und „Cybersicherheit“.
Die beiden Aspekte sind direkt in der Maschinenverordnung verortet, die hier unmittelbar angewendet werden kann und daher keiner nationalen Gesetzgebung – also zum Beispiel einer Verordnung zum Produkt- und Gerätesicherheitsgesetz – bedarf. Zudem wurden die Anhänge neu strukturiert. Anhang I der MRL ist in der neuen Verordnung Anhang III, Anhang IV der MRL wurde zu Anhang I. Weitere zentrale Aspekte der Maschinenverordnung:
- Delegierte Rechtsakte: Die Europäische Kommission kann nach einem definierten Verfahren im Zweifelsfall Normen selbst erstellen.
- Das Zusammenspiel mit einer geplanten KI-Verordnung ist gelöst. Alle wichtigen grundsätzlichen Punkte für Maschinen sind in der Maschinenverordnung aufgeführt, sodass in einer zukünftigen KI-Verordnung der Bereich der Maschinen nicht gesondert geregelt werden muss.
- Das in Deutschland bereits schon seit Langem praktizierte Verfahren zur „Wesentlichen Veränderung von Maschinen“ wurde in die neue Verordnung implementiert. Es gibt nun eindeutige Regelungen, ab wann eine veränderte Maschine wie eine neue Maschine zu behandeln ist.
- Der neue Anhang I wurde aufgeteilt. Gemäß der Maschinenverordnung müssen Fahrzeughebebühnen, abnehmbare Wellen und deren Schutzeinrichtungen, portable Eintreibmaschinen sowie teilweise und insgesamt selbstlernende Sicherheitskomponenten zwingend eine Drittstellenprüfung durchlaufen.
- Das Thema „Künstliche Intelligenz“ wurde beim Thema „Steuerungen“ angedockt.
- Mobile Maschinen werden in einem nahezu neuen Abschnitt in Anhang III behandelt.
- E-Bikes, E-Scooter und andere personenbezogene Fortbewegungsmittel sind nun als Maschinen definiert. Filtersysteme zur Reinhaltung von Fahrerkabinen sind nun Sicherheitskomponenten.
Christoph Preuße, BGHM
Fristen für in der neuen europäischen Maschinenverordnung geregelte Sachverhalte
14. Juli 2023 | Inkraftsetzung Artikel 5 (6) (Sicherheitskomponenten) und Artikel 46 (Komitee-Prozeduren) gelten. |
12 Monate nach Inkraftsetzung | Verfahren für delegierte Rechtsakte Evaluation und Überprüfung insbesondere der grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen aus Anhang III müssen umgesetzt sein. |
24 Monate nach Inkraftsetzung | Regelungen für notifizierte Stellen gelten. |
39 Monate nach Inkraftsetzung | Regelungen für Strafen müssen national umgesetzt sein. |
42 Monate nach Inkraftsetzung | Die Übergangsfrist für Marktteilnehmer endet, bis dahin muss die Maschinenrichtlinie angewendet werden. |
60 Monate nach Inkraftsetzung | Die Europäische Kommission muss einen öffentlich zu machenden Report an den Europäischen Rat übermitteln. Dieser wird eine Evaluation der europäischen Maschinenverordnung enthalten. Ein solcher Report muss dann alle fünf Jahre veröffentlicht werden. |
Kommentar des Autors
Mit ihren Neuerungen und Schärfungen ist die europäische Maschinenverordnung in meinen Augen gut gelungen. Viele Positionen der deutschen Interessenvertretungen wurden eingearbeitet, und sie passt sich gut in die aktuelle europäische Rechtssetzung ein.
Online-Informationsveranstaltung zur neuen Maschinenverordnung
Welche Änderungen ergeben sich aus der neuen Maschinenverordnung? Was ist bei ihrer Anwendung zu beachten? In einer Online-Informationsveranstaltung geben Fachleute der BGHM Herstellern, Betreibern und allen am Konformitätsbewertungsverfahren Beteiligten Antworten auf diese und viele weitere Fragen.
Inhalte und Themen:
- Ziele der neuen Maschinenverordnung
- Aufbau und Struktur
- Neuerungen und Änderungen der Anforderungen im Vergleich zur Maschinenrichtlinie 2006/42/EG
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Ausgabe 5/2023