Von der PAK-Exposition in Kokereien bis zu Arbeitsschutz-Kompetenzen für Führungskräfte
7. Hüttensymposium der BGHM bietet Wissen für sichere und gesunde Arbeit
In Hüttenwerken und Gießereien, wo Stahl und Eisen erzeugt und verarbeitet werden, geht es laut und heiß zu. Wie Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz an den Arbeitsplätzen dort auf dem Stand der Technik aussehen können und welche neuen arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse es gibt – darum ging es beim 7. Hüttensymposium der BGHM in Schierke.
Information, Diskussion und Erfahrungsaustausch sind das Ziel des jährlich stattfindenden Hüttensymposiums. Das Humanbiomonitoring von polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) und die Kompetenzerweiterung von Führungskräften waren in diesem Jahr zwei der Programmpunkte. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erwartete ein breites Themenspektrum.
Studienergebnisse für den Gesundheitsschutz in Kokereien
Welche Ergebnisse das Humanbiomonitoring von PAK bei Beschäftigten an Koksöfen an allen fünf deutschen Kokereistandorten ergeben hat, erläuterte Dr. Heiko Käfferlein vom Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der DGUV (IPA) am ersten Tag der BGHM-Fachveranstaltung. Beim Humanbiomonitoring werden leicht zu gewinnende biologische Materialien, also beispielsweise Blut oder Urin, auf Schadstoffe oder deren Abbauprodukte untersucht. Das Ziel ist es, daraus auf die Exposition von Beschäftigten und die Wirksamkeit beziehungsweise die Notwendigkeit von Schutzmaßnahmen zu schließen.
PAK gelangen sowohl über die Atmung (inhalativ) wie auch über die Haut (dermal) in den menschlichen Körper. Um die Belastung der Beschäftigten zu analysieren, wurden für eine Studie des IPA die äußere Exposition und die innere Exposition gemessen. Bei der äußeren Exposition handelt es sich um PAK in der Arbeitsplatzluft; unter anderem ist dort Benzo[a]pyren zu finden. Die innere Exposition ist die tatsächlich im Körper aufgenommene Menge an PAK, wie beispielsweise 1-Hydroxypyren, die über den Urin festgestellt wird. Für die Studie wurden alle relevanten Arbeitsplätze an Ofendecke und Ofenseite eine Arbeitswoche lang untersucht.
„Die Ergebnisse zeigen, dass aktuelle Toleranz- und Akzeptanzwerte von Benzo[a]pyren in der Luft regelmäßig an nahezu allen Arbeitsplätzen überschritten werden. Gleichzeitig konnten wir nachweisen, dass die Verwendung von Atemschutzgeräten die Aufnahme von PAK in den Körper deutlich verringert, insbesondere bei Tätigkeiten auf der Koksofendecke“, sagte Käfferlein. So wurden bei der Verwendung von Atemschutz – im Vergleich zu früheren Untersuchungen ohne Atemschutz – deutlich niedrigere Expositionen in Form von PAKStoffwechselprodukten im Urin der Beschäftigten gemessen. Verbleibende im Urin nachweisbare Expositionen resultieren mit hoher Wahrscheinlichkeit daher, dass PAK auch über die Haut aufgenommen werden können.
Käfferleins Fazit: „Die Expositionssituation hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verbessert. Die Ergebnisse zeigen jedoch, dass es weiterer Strategien zur Expositionsminderung bedarf, die vor allem auf eine Reduzierung der Hautaufnahme zielen sollten.“ Als Beispiele nennt er eine verbesserte Schwarz-/ Weiß-Trennung und einen häufigeren Wechsel der Arbeitskleidung oder besonders kontaminierter Kleidungsstücke.
Rollenverständnis im Arbeitsschutz: Führungskräfte noch fitter machen
Über Soft Skills für Führungskräfte informierte Elke Sebold-Tanski, Leiterin Arbeitssicherheit, Gefahrstoffmanagement und Ergonomie bei der Salzgitter Flachstahl GmbH. Das Unternehmen liefert Flachstahlprodukte an Fahrzeughersteller, Zulieferer oder die Bauindustrie. Seit über fünf Jahren setzt Salzgitter Flachstahl auf besondere Qualifizierungsmaßnahmen für Führungskräfte – vom Meister oder der Meisterin bis hin zu Vorarbeitern, Betriebs- und Bereichsleitern.
Es gibt eine Grundqualifikation zum Arbeitsschutz und begleitende Qualifikationsmaßnahmen. Die Themen der ganz- oder halbtägigen Module sind: Verantwortung und Pflichten von Führungskräften, die „Führungsaufgabe Arbeitsschutz“, Rechtsfragen und der Einsatz von Fremdfirmen. Zudem wird praxisbezogen die Wirksamkeit vorhandener betrieblicher Präventionstools aufgezeigt und deren Anwendung trainiert. „Grundlegende Zielrichtung ist bei allen Bausteinen, den Führungskräften ein klares Rollenverständnis im Arbeitsschutz zu vermitteln, dieses zu festigen und ihre Methodenkompetenz zu stärken. Daher nutzen wir die Erkenntnisse der Ermöglichungsdidaktik“, berichtete Sebold-Tanski.
Unternehmenssimulationen, Planspiele und andere Lernarrangements machen Lernen zum eigenständigen und selbstgesteuerten Erleben – damit möglichst viel „hängenbleibt“. Sebold-Tanski sagte: „Wir stärken dadurch unsere Sicherheitskultur und es wird deutlich, dass Arbeitsschutz zwar die Aufgabe jeder einzelnen Führungskraft ist, wir aber nur gemeinsam nachhaltige Verbesserungen erzielen können.“
Gut zu wissen
Das Hüttensymposium ist eine der Fachveranstaltungen, die die BGHM ihren Mitgliedsbetrieben anbietet. Auch auf Messen ist sie vor Ort und informiert über Prävention, Rehabilitation und ihr Leistungsspektrum. Mehr dazu finden Sie auf unserer Terminübersicht.
Ausgabe 5/2023