Versicherungsschutz

Wer bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit haftet

Werden Versicherte bei einem Arbeitsunfall verletzt, haben sie grundsätzlich Anspruch auf Sach- und Geldleistungen von der Berufsgenossenschaft oder der Unfallkasse. Es haften also nicht die Unternehmerinnen und Unternehmer oder die beteiligten Kollegen, sondern der gesetzliche Unfallversicherungsträger – im Fall von holz- und metallverarbeitenden Betrieben ist es die BGHM, die diese sogenannte Haftungsablösung übernimmt.

Ist der Unfall allerdings durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit entstanden, kann sich die Berufsgenossenschaft die entstandenen Kosten vom Schädiger oder der Schädigerin zurückholen. Die Haftungsablösung sichert den Betriebsfrieden und Versicherte haben mit der Berufsgenossenschaft (BG) eine solvente Anspruchsgegnerin.

Wer ein Unternehmen führt, zahlt für diesen Fall Beiträge an die BG. Ist der Unfall jedoch vorsätzlich herbeigeführt worden oder ist grobe Fahrlässigkeit die Ursache, muss der Verursacher oder die Verursacherin der BG die entstandenen Kosten ersetzen.

Wer bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit haftet;© dusanpetkovic1/stock.adobe.com

Vorsatz

Unternehmerinnen und Unternehmer sind zum Ersatz eines Personenschadens (siehe Info-Kasten „Regelung bei Sachschäden“) verpflichtet, wenn sie den Unfall bewusst, also vorsätzlich herbeigeführt haben. Der Unfall muss dabei nicht das eigentliche Ziel der Handlung sein. Auch wenn der Unternehmer oder die Unternehmerin den Unfall nur für möglich hält und billigend in Kauf nimmt, indem er oder sie keine Schutzmaßnahmen ergreift, handelt es sich um Vorsatz.

Weiß zum Beispiel ein Unternehmer von einer manipulierten Schutzeinrichtung und unternimmt nichts dagegen, haftet er. Da ihm bewusst sein musste, dass das Abstellen der Sicherheitsvorrichtung zu einem Unfall führen konnte, hat er den Eintritt des Unfalls in Kauf genommen. Die persönliche Haftung gilt nicht nur für Unternehmer oder Unternehmerinnen. Alle, die zum Betrieb gehören, haften, wenn sie den Arbeitsunfall von Versicherten vorsätzlich verursacht haben.

Grobe Fahrlässigkeit

Haben Kolleginnen und Kollegen oder Unternehmerinnen beziehungsweise Unternehmer den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt, dann haften sie zwar nicht gegenüber dem Geschädigten. Aber die Berufsgenossenschaft kann sie für die daraus entstandenen Aufwendungen für Personenschäden in Regress nehmen.

Grob fahrlässig handelt nach dem Zehnten Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) der Schädiger oder die Schädigerin, wenn er oder sie „die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt“. Das ist der Fall, wenn naheliegende Überlegungen zu möglichen Gefahren nicht angestellt werden. Wer eine Schutzeinrichtung an einer Maschine so manipuliert, dass sie nicht mehr funktioniert, darf sich nicht wundern, dass es danach zu einem Unfall kommt und darüber, dass er oder sie dafür in der Regel haftet.

Regress

Sowohl bei Vorsatz als auch bei grober Fahrlässigkeit gilt: Hat der Sozialversicherungsträger, also zum Beispiel die BG, bereits Leistungen erbracht, hat er die Möglichkeit, seine Aufwendungen vom Schadensverursacher oder der Schadensverursacherin zurückzufordern, also Regress zu verlangen. Für Geschädigte macht es keinen Unterschied, ob Unternehmer oder Kollegen den Unfall vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht haben. Sie erhalten die erforderlichen Leistungen unabhängig von der Frage der Haftung.

Das gilt auch dann, wenn Versicherte einen Gesundheitsschaden erleiden, den eine andere sogenannte nicht haftungsprivilegierte Person verursacht hat – also nicht der Unternehmende, keine Kollegin und kein Kollege, sondern beispielsweise ein Kunde beziehungsweise eine Kundin. Auch in einem solchen Fall wird der oder die Verunfallte zunächst vom zuständigen Unfallversicherungsträger entschädigt, der sich dann seine Aufwendungen vom Schädiger oder der Schädigerin zurückholen kann.

Thomas Dunz, BGHM

Regelung bei Sachschäden

Die Unfallversicherungsträger haften bei Personenschäden. Sie treten zudem für Sachschäden ein, die durch den Arbeitsunfall an Hilfsmitteln wie etwa einer Prothese oder einem Hörgerät entstanden sind. Für sonstige Sachschäden haftet der Schädiger oder die Schädigerin nach allgemeinen Vorschriften außerhalb des Siebten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VII).

Ausgabe 4/2023