Neue DGUV Information 209-095 bietet Branchenlösungen

Quarzhaltiger Staub in der Gießerei-Industrie

In Deutschland gibt es etwa 600 Gießereien. Ein großer Teil davon verwendet verlorene Formen. Das sind Gussformen, die nur einmal verwendet werden und nach dem Guss zerstört werden müssen. Sie bestehen in der Regel aus gebundenem Sand auf Quarzbasis. Das Einatmen von fein verteilten quarzhaltigen Stäuben kann bei Beschäftigten jedoch zu Lungenerkrankungen wie Bronchitis, Silikose oder auch zu Lungenkrebs führen.

In der neuen DGUV Information 209-095 „Quarzhaltiger Staub in der Gießerei-Industrie“ sind Schutzmaßnahmenkonzepte für Arbeitsbereiche zu finden, in denen der Beurteilungsmaßstab für quarzhaltigen Staub derzeit noch nicht unterschritten werden kann.

In Gießereien entsteht bei der Verwendung von gebundenem Sand auf Quarzbasis, dem sogenannten Formsand, auch quarzhaltiger Staub. Er kommt vorwiegend in der Formerei, im Schmelzbetrieb, beim Auspacken und Putzen der Gussteile sowie bei der Aufbereitung von Formsand vor.

Quarzhaltiger Staub in der Gießerei-Industrie; © Dossmann GmbH Eisengießerei und Modellbau

In der Technischen Regel für Gefahrstoffe (TRGS) 559 „Quarzhaltiger Staub“ wird dieser Staub als „Quarz ( A-Staub)“ bezeichnet. A-Staub bedeutet, dass der Staub beim Einatmen bis in die Alveolen, also die Lungenbläschen, vordringen kann. Um Gesundheitsschäden bei Beschäftigten zu minimieren, gilt für Quarz (A-Staub) ein Beurteilungsmaßstab (siehe Gut-zu-wissen-Kasten) von 0,05 mg/m³. Die neue DGUV Information 209-095 unterstützt Gießereien bei der Erstellung eines Schutzmaßnahmenkonzeptes für Bereiche, in denen dieser Wert noch nicht unterschritten werden kann.

Gesundheitsrisiken durch Quarz (A-Staub)

Quarzhaltiger Staub enthält kristallines Siliziumdioxid in den Modifikationen Quarz oder Cristobalit. Tätigkeiten oder Verfahren, bei denen Beschäftigte diesen silikogenen Stäuben ausgesetzt sind, gelten nach TRGS 906 „Verzeichnis krebserzeugender Tätigkeiten oder Verfahren nach § 2 Absatz 3 Nummer 4 GefStoffV“ als krebserzeugend. Die Quarzstaublungenerkrankung Silikose mit der Berufskrankheiten- Nummer (BK-Nr.) 4101 war eine der ersten berufsbedingten Erkrankungen, die in die Liste der Berufskrankheiten aufgenommen wurde.

Die lang andauernde Einwirkung von silikogenen Stäuben erhöht bei betroffenen Beschäftigten mit nachgewiesener Silikose das Risiko, auch an Lungenkrebs (BK-Nr. 4112) zu erkranken. Neuere medizinische Erkenntnisse deuten darauf hin, dass eine langjährige Quarzfeinstaub-Exposition zudem – unabhängig von einer Silikose – zu einer obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) führen kann. Der Ärztliche Sachverständigenbeirat (ÄSVB) hat bereits empfohlen, die COPD in die Liste der Berufskrankheiten aufzunehmen.

Unterstützung und Information für begründete Ausnahmen

Grundsätzlich müssen Betriebe die allgemeinen Schutzmaßnahmen nach Anhang I Nr. 2.3 der Gefahrstoffverordnung umsetzen. In der DGUV Information 209-095 werden darüber hinaus branchenübliche Betriebs- und Verfahrensweisen in staubrelevanten Fertigungsbereichen beschrieben. Die Umsetzung der vorgeschlagenen Schutzmaßnahmen nach dem STOP-Prinzip kann zum gewünschten Erfolg, der Unterschreitung des Beurteilungsmaßstabes für Quarzfeinstaub, führen.

In einer Tabelle finden sich die Arbeitsbereiche in Gießereien, die gemäß der TRGS 559 als begründete Ausnahmen gelten können, in denen der Beurteilungsmaßstab derzeit nicht unterschritten werden kann. Schließlich werden Schutzmaßnahmenkonzepte vorgestellt, die auf die begründeten Ausnahmen der Branche zugeschnitten sind.

Andreas Henkel, BGHM

Weg zur Umsetzung der Vorgaben der TRGS 559 (Quelle: DGUV Information 209-095)Weg zur Umsetzung der Vorgaben der TRGS 559 (Quelle: DGUV Information 209-095)

Gut zu wissen: Beurteilungsmassstab für Quarz (A-Staub) und die TRGS 559

Beim Beurteilungsmaßstab für Quarz (A-Staub) handelt es sich um einen Grenzwert, der nicht die Kriterien zur Festlegung eines Arbeitsplatzgrenzwertes (AGW) der Bekanntmachungen zu Gefahrstoffen (BekGS) 901 oder der Abschätzung einer Expositions-Risiko-Beziehung (ERB) gemäß Anlage 3 der TRGS 910 erfüllt und der nicht technikbasiert ist. Aufgrund der Gesundheitsrisiken durch quarzhaltige Stäube wurde 2016 vom Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS) ein verbindlicher Beurteilungsmaßstab für Quarzfeinstaub von 0,05 mg/m³ festgelegt. Im April 2020 wurde die überarbeitete TRGS 559 „Quarzhaltiger Staub“ veröffentlicht. Sie gibt Hilfestellung bei der Ermittlung und Beurteilung staubbelasteter Arbeitsbereiche und Tätigkeiten und unterstützt bei der Festlegung von Schutzmaßnahmen.

Tipp

Das europäische Netzwerk Quarz NepSi stellt einen „Leitfaden und Instrumente für bewährte Verfahren“ und kostenlose Hilfsmittel für branchenbezogene Schutzmaßnahmen zur Verfügung.

Ausgabe 4/2023