Teambuilding oder Freizeitveranstaltung?

Sturz bei Fahrten mit Segway & Co

Wer ein Fahrzeug nutzt, sollte vorsichtig sein – das gilt auch zum Beispiel bei Segways, den zweirädrigen Personen­transportern. Ob ein Sturz bei einer solchen Fahrt jedoch ein Arbeitsunfall ist, hängt von den Umständen ab.

Zwei Beispiele. Ein Unternehmen führte eine zweitägige Klausurtagung durch, zu der ausschließlich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und der Leiter eines neu gegründeten Bereichs eingeladen waren.

Am ersten Tag nahm eine Beschäftigte im Rahmen eines Tagesordnungspunktes an einem Segway-Parcours teil, wobei sie stürzte und sich einen Oberarmbruch zuzog. Das Bayerische Landessozialgericht (LSG) kam zu dem Ergebnis, dass hier ein Arbeitsunfall vorlag.

Teambuilding oder Freizeitveranstaltung?

Privat oder beruflich?

Mit der Teilnahme am Parcours hatte die Beschäftigte nach Auffassung des LSG eine zumindest vermeintliche Pflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis erfüllt. Ob die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von der Leitung darauf hingewiesen worden waren, dass eine Teilnahme an dem Segway-Parcours freiwillig war, war nicht mehr feststellbar. Es konnte aber dahinstehen. Versicherungsschutz entfällt dann, wenn sich Versicherte rein persönlichen Belangen widmen. Dies war hier nicht der Fall. Aufgrund der Einbindung in die Klausurtagung und in den Programmpunkt und wegen der mit dem Parcours verbundenen Zielsetzung konnte die Beschäftigte davon ausgehen, sie erfülle eine Verpflichtung aus ihrem Beschäftigungsverhältnis: Der Segway-Parcours stand zum einen in unmittelbarem Zusammenhang zum Programmpunkt, in dem inhaltlich der neue Bereich und die künftige Aufstellung der Aufgaben besprochen werden sollten.

Zudem hielt der Bereichsleiter vor Beginn des Parcours einen Impulsvortrag. Teambuilding war außerdem ein integraler Bestandteil der gesamten Tagung: Ziel war, die Teamfähigkeit des neuen Bereiches durch eine gemeinsame Aktivität, die Teil des fachlichen Tagungsprogrammes war, zu verbessern. Erkennbar handelte es sich – so das LSG – nicht um ein unversichertes abgrenzbares Freizeit- oder Begleitprogramm. Versicherungsschutz war hier gegeben. (Bayerisches LSG, Urteil vom 20.01.2022, Az.: L 17 U 65/20 – juris)

Dagegen war ein Fall, den das Hessische LSG ein Jahr zuvor entschieden hatte, anders gelagert. Ein Ingenieur nahm an einer mehrtägigen, vom amerikanischen Mutterkonzern organisierten Veranstaltung in den Niederlanden teil. Neben dem inhaltlichen Programm gab es davon unabhängige Nachmittagsaktivitäten, darunter auch eine Segway-Fahrt. Hierbei stürzte der Mitarbeiter und verletzte sich am Sprunggelenk.  Kein Arbeitsunfall, entschied das LSG: Das Segway-Fahren gehörte nicht zu seinen arbeitsvertraglichen Verpflichtungen und stand auch nicht in Bezug zum Unternehmenszweck. Es stellte vielmehr ein von den inhaltlichen Tagungsordnungspunkten klar abgrenzbares Begleitprogramm dar, das der Unterhaltung, Entspannung und Geselligkeit diente. (Hess. LSG, Urteil vom 29.03.2021 – L 3 U 157/18 – juris)  

Karl Heinz Schwirz, BGHM

Ausgabe 4/2022