DGUV Empfehlungen veröffentlicht

Neues Standardwerk für Arbeitsmedizin

Die neuen „DGUV Empfehlungen für arbeitsmedizinische Beratungen und Untersuchungen“ haben die seit mehr als 50 Jahren bekannten „DGUV Grundsätze für arbeitsmedizinische Untersuchungen“ abgelöst. Die inhaltlich neu strukturierten, aktualisierten und ergänzten DGUV Empfehlungen gelten als neues Standardwerk für Arbeitsmedizin.

Die neuen „DGUV Empfehlungen für arbeitsmedizinische Beratungen und Untersuchungen“ unterstützen Betriebsärztinnen und Betriebsärzte wie schon die DGUV Grundsätze bei der inhaltlichen Gestaltung von arbeitsmedizinischen Beratungen und Untersuchungen: Sie geben Hinweise im Sinne von „Best Practices“ und lassen Spielraum, Beratungen und Untersuchungen so zu gestalten, wie es individuell geboten erscheint.

Die Inhalte der DGUV Empfehlungen sind nicht rechtsverbindlich, bieten aber detaillierte praxisnahe Unterstützung auf der Basis des allgemein anerkannten Stands der Arbeitsmedizin. Auch für andere Akteurinnen und Akteure auf der betrieblichen Ebene sind die Empfehlungen relevant, da sie wichtige ergänzende Informationen zu den in der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) beschriebenen Vorsorgeanlässen enthalten.

DGUV Empfehlungen veröffentlicht

Die meisten Empfehlungen knüpfen an die ArbMedVV als Rechtsgrundlage an und orientieren sich an der Grobgliederung des Anhangs der ArbMedVV: Zunächst behandeln sie „Tätigkeiten mit Gefahrstoffen“, danach „Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen“, dann „Tätigkeiten mit physikalischen Einwirkungen“ und schließlich „sonstige Tätigkeiten“. Dabei berücksichtigen sie die Arbeitsmedizinischen Regeln (AMR) und Arbeitsmedizinischen Empfehlungen (AME). 

Beratung im Fokus

Die Beratung der Versicherten hat in den Empfehlungen deutlich an Gewicht gewonnen und gehört verpflichtend zur Durchführung der Vorsorge. Dem trägt auch der um das Wort „Beratungen“ erweiterte Titel Rechnung. Auch der Empfehlungscharakter wird schon im Titel betont. Zudem wird zukünftig auf Nummerierungen verzichtet und es wird lediglich die Bezeichnung genannt. So wird aus dem DGUV Grundsatz G 20 „Lärm“ zum Beispiel die DGUV Empfehlung „Lärm“. 

Vorsorge und Eignung strikt getrennt

Die ArbMedVV fordert eine Trennung von arbeitsmedizinischer Vorsorge und Eignungsuntersuchungen. Beide sollen nicht zusammen durchgeführt werden, sofern nicht betriebliche Gründe dies erfordern. Dementsprechend sind Vorsorge und Eignung auch in den DGUV Empfehlungen strikt getrennt: Der erste Teil der „DGUV Empfehlungen für arbeitsmedizinische Beratungen und Untersuchungen“ behandelt Fragen der arbeitsmedizinischen Vorsorge und ist umfangreicher als der zweite Teil, der auf Eignungsbeurteilungen abzielt.

Zum Thema Eignung gehören die DGUV Empfehlungen „Arbeiten in sauerstoffreduzierter Atmosphäre“, „Arbeiten mit Absturzgefahr“ sowie „Fahr-, Steuer- und Überwachungstätigkeiten“. Die DGUV Empfehlung „Atemschutzgeräte“ erscheint in unterschiedlicher Ausrichtung sowohl im ersten als auch im zweiten Teil des Buches. Die DGUV Empfehlung „Überdruck“ wurde in eine DGUV Empfehlung „Taucherarbeiten“ – im ersten Teil – und eine auf der Verordnung über Arbeiten in Druckluft (DruckLV) basierenden Empfehlung „Überdruck (Arbeiten in Druckluft und Taucher­arbeiten)“ im zweiten Teil aufgeteilt. Neu entwickelt wurde die DGUV Empfehlung „Natürliche optische Strahlung (Sonnenstrahlung)“, die sich im ersten Teil wiederfindet. Entfallen ist der bisherige DGUV Grundsatz G 22 „Säureschäden der Zähne“. 

Entstehung und Bedeutung 

Die neuen DGUV Empfehlungen wurden im Ausschuss Arbeitsmedizin der Gesetzlichen Unfallversicherung (AAMED-GUV) in interdisziplinären Teams aus Arbeitsmedizinerinnen und Arbeitsmedizinern der betrieblichen Praxis und der Wissenschaft, Fachleuten diverser medizinischer und auch technischer Sachgebiete sowie Sachverständigen der Unfallversicherungsträger erarbeitet. Sie wurden in enger Kooperation mit den Sozialpartnern, Vertreterinnen und Vertretern der Wissenschaft und arbeitsmedizinischen Fachgesellschaften gestaltet und stellen damit einen sozialpartnerschaftlich und wissenschaftlich getragenen Konsens dar.
 
Dr. Florian Struwe, BGHM

Zusatzinformation

Während Arbeitsmedizinische Vorsorge die frühzeitige Erkennung und Verhütung von arbeitsbedingten Erkrankungen einschließlich Berufskrankheiten zum Ziel hat, dienen Eignungsbeurteilungen der Beantwortung der Frage, ob die vorhandenen physischen und psychischen Fähigkeiten und Potenziale eines oder einer Beschäftigten erwarten lassen, dass die während der Beschäftigung zu erledigenden Tätigkeiten von ihm oder ihr ausgeübt werden können.

Ausgabe 4/2022