Aufsichtspersonen

Prüfung zwischen Maschinen, Hölzern und Mitarbeitenden

Aufsichtspersonen beraten die Mitgliedsunternehmen der BGHM zu Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz. Dafür sind sie den größten Teil einer Arbeitswoche vor Ort im Außendienst. Doch vor dem ersten Betriebsbesuch müssen sie eine Prüfung bestehen. Deren Praxisteil findet in Unternehmen statt, die sich dafür zur Verfügung stellen – so wie die Schreinerei Kopf in Stuttgart.

Eine Unterstützung für die BGHM, von der am Ende alle profitieren. Auf zwei Etagen arbeiten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter konzentriert an ihren Werkstücken, bringen Hölzer in Form und veredeln sie zu Produkten für die Kunden. Zwei bereits lackierte Zimmertüren warten zum Beispiel, zum Trocknen auf Böcken gelagert, gerade auf ihre Fertigstellung.

Ruhig und geordnet geht es in der Schreinerei Kopf im Stuttgarter Westen zu. Daran ändert auch das Grüppchen nichts, das gerade mit konzentrierter Miene zwischen Maschinen, Hölzern und Mitarbeitenden hindurch navigiert. Dabei geht es für zwei Personen aus der Gruppe in diesem Moment um viel: Wenn sie erfolgreich sind, dürfen Tobias Dittus und Thomas Hofmann nach dem heutigen Tag als „Aufsichtspersonen II“ (APenII) im Auftrag der BGHM Betriebe aufsuchen, um die Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz zu überwachen und wirkungsvoll zu beraten. 

Aufsichtspersonen; © BGHM/bundesfoto GbR Fotografin: Franziska KraufmannGeschäftsführer Stephan Westphal (links) und Thomas Hofmann klären während des Betriebsrundgangs an einer ausgeschalteten Maschine Fragen zur Maschinensicherheit.

Als APenII betreuen sie Unternehmen mit bis zu 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Sie sind zwei von 16 angehenden APen der BGHM, die 2022 die Abschlussprüfung vor dem Spitzenverband der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) absolviert haben.

Rundgang durch die Werkstatt

Bevor es in einen mündlichen Prüfungsteil geht, beginnt für Dittus und Hofmann jetzt die Praxis: Unter den wachsamen Augen einer Prüfungskommission absolvieren sie einen kompletten Betriebsbesuch – genauso, wie er später Berufsalltag für sie sein wird. Nach einem Vorgespräch mit Stephan Westphal, Geschäftsführer der Schreinerei, beginnen sie einen Rundgang durch die Werkstatt. Nur wenig unterscheidet diesen von denen, die die Aufsichtspersonen regelmäßig in Betrieben durchführen. Ungewöhnlich ist nur, dass Geschäftsführer Stephan Westphal heute gleich zweimal unterwegs ist und erst Dittus und dann noch einmal Hofmann Rede und Antwort steht. Und dass ihnen eine dreiköpfige Prüfungskommission, bestehend aus Vertreterinnen und Vertretern anderer Unfallversicherungsträger, dabei zusieht.

Inhaltlich ging es im Vorgespräch zunächst um die Organisation von Arbeitsabläufen und die Einsicht in die Arbeitsschutzdokumentation des Unternehmens. Wie viele Ersthelfende gibt es? Wer ist zuständig für die arbeitsmedizinische und sicherheitstechnische Betreuung? Sind Gefährdungsbeurteilungen, Unterweisungsnachweise und Betriebsanweisungen auf dem neuesten Stand? Anschließend wird alles besprochen, was Dittus und Hofmann im laufenden Betrieb auffällt. Zum Abschluss werden noch offene Fragen geklärt, etwa zur Maschinensicherheit und zur Lagerung von Lacken. Auch den Brand- und Explosionsschutz thematisieren die Prüflinge und geben Hinweise auf passende Informationsquellen der BGHM. Das sind Themen, für die es seitens der angehenden Aufsichtspersonen viel Fachwissen braucht.

Gut vorbereitet

Ein ganzes Jahr lang haben Dittus und Hofmann auf diesen Tag hingearbeitet. Sie absolvierten einen sogenannten Vorbereitungsdienst. In dieser Zeit haben sie Seminare besucht, bei der BGHM intern zum Beispiel, am Institut für Arbeitsschutz der DGUV (IFA) in St. Augustin und am Institut für Arbeit und Gesundheit der DGUV (IAG) in Dresden. Die theoretische Ausbildung wurde vor allem durch unzählige Betriebsbesuche in Begleitung erfahrener APen um praktische Kenntnisse ergänzt – ein umfassendes Programm, das sich spätestens am heutigen Prüfungstag auszahlt: „Den größten Respekt hatte ich vor dem theoretischen Teil“, sagt Hofmann später, der vor seiner Laufbahn bei der BGHM als Fachpraxislehrer und Tischlermeister an einer Berufsschule gearbeitet hat. „Wir sind in der Ausbildung aber bestens darauf vorbereitet worden. Ich bin mit meiner Leistung zufrieden.“

Die Praxis falle ihnen dennoch leichter, sagen beide übereinstimmend – schließlich seien sie von Haus aus auch eher Praktiker. Dittus startete mit einer Ausbildung zum Feinwerkmechaniker ins Berufsleben, anschließend machte er eine Weiterbildung zum Techniker. Bei der BGHM haben sich sowohl Dittus als auch Hofmann zunächst zum Arbeitsschutzmeister ausbilden lassen. Die Ausbildung zur AP war für beide der nächste logische Schritt. „Ich will die Sicherheit und Gesundheit der Mitarbeitenden in unseren Mitgliedsbetrieben vollumfänglich mitgestalten“, sagt Dittus. Auch Hofmann möchte mehr Verantwortung übernehmen und den Arbeitsschutz in den Unternehmen voranbringen.

Damit sie das können, brauchen sie heute noch die Unterstützung von Stephan Westphal, einem von zwei Geschäftsführern der Schreinerei Kopf. Denn die praktische Prüfung muss in einem Unternehmen stattfinden. Es gibt einige Betriebe, die hierfür mit der BGHM kooperieren. „Wir ziehen an einem Strang“, sagt Westphal, „denn ich will, genau wie die Berufsgenossenschaft, dass meine Mitarbeitenden hier gesund und mit Spaß arbeiten können.“ Der Arbeitsschutz gehöre einfach dazu. Von seiner zuständigen Aufsichtsperson, Tim Giardina, im Vorfeld darauf angesprochen, ob er die Schreinerei als Prüfungsort zur Verfügung stellen könne, musste er daher nicht lange überlegen.

Enge Zusammenarbeit

20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind bei der Schreinerei Kopf beschäftigt. Der Betrieb hat sich auf die Maßmöbelproduktion spezialisiert, restauriert außerdem Türen und Treppen in privaten und gewerblichen Gebäuden. Westphal leitet das Unternehmen seit 2019 gemeinsam mit seinem Kompagnon Michael Hagenlocher. Besonderen Wert legen sie hier auf den Nachwuchs für das Handwerk. Jedes Jahr möchten sie drei jungen Menschen eine qualitativ hochwertige Ausbildung zum Schreiner oder zur Schreinerin anbieten.

Tobias Dittus, BGHM; © BGHM/bundesfoto GbR Fotografin: Franziska Kraufmann

   

Thomas Hofmann, BGHM; © BGHM/bundesfoto GbR Fotografin: Franziska Kraufmann

   

Stephan Westphal, Geschäftsführer der Schreinerei Kopf; © BGHM/bundesfoto GbR Fotografin: Franziska KraufmannTobias Dittus (oben) und Thomas Hofmann (Mitte) absolvierten ihre Prüfung in der Schreinerei Kopf. Unten: Stephan Westphal, Geschäftsführer der Schreinerei

Ein umfassender Arbeitsschutz sei im Werben um Auszubildende ein wichtiger Faktor: „Wir wollen zeigen, dass wir uns kümmern. Dass Arbeiten bei uns sicher ist“, sagt Westphal. Deshalb sei ihnen eine enge Zusammenarbeit mit der BGHM sehr wichtig. Man begegne sich auf Augenhöhe. „Das Interesse am Thema ist im Betrieb deutlich erkennbar“, sagt auch Prüfling Thomas Hofmann. Geduldig und ausführlich beantwortet Westphal im Laufe des Rundgangs alle Fragen – selbst dann, wenn sie sich doppeln. Denn Dittus und Hofmann absolvieren den praktischen Prüfungsteil nacheinander und überschneiden sich dabei gelegentlich thematisch. Kein Problem für Westphal, er bleibt freundlich und professionell. Besonderen Aufwand bereite die Prüfung nicht, sagt er. Für das Vorgespräch ist ein separater Raum vorhanden, als Geschäftsführer könne er sich auch mal zwei Stunden Zeit für so einen Termin nehmen. „Es tut uns nicht weh und stört den betrieblichen Ablauf nicht.“

Positive Grundhaltung zum Arbeitsschutz

Dass die Kooperationsbereitschaft der Schreinerei Kopf dennoch keine Selbstverständlichkeit sei, betont Sven Rodenhäuser, Leiter des Präventionsbezirks Südwest. Ihm unterstehen in der Zuständigkeit für Baden-Württemberg knapp 90 Personen, darunter 67 Aufsichtspersonen, APen in Vorbereitung und Arbeitsschutzmeister an den Standorten Stuttgart, Freiburg und Heidelberg. Auch die Organisation der Prüfungen ist Aufgabe seiner Mitarbeitenden. „Es gibt genaue Anforderungen etwa in Bezug auf die Betriebsgröße oder den Standort, der unter anderem für die Mitglieder der Prüfungskommission gut erreichbar sein muss“, erklärt Rodenhäuser. „Und dann muss das Unternehmen noch eine absolut positive Grundhaltung zum Arbeitsschutz haben.“ Das mache die Auswahl nicht immer leicht. Umso mehr freue es ihn, wenn Betriebe, wie die Schreinerei Kopf, sich zur Teilnahme bereit erklärten.

„Letztendlich duldet uns bei einer APII-Prüfung ein kleiner Betrieb auf seinem Gelände, während das Tagesgeschäft weiterläuft. Das rechnen wir ihm hoch an.“ Westphal sagt dagegen, er könne aus dem Termin auch einiges mitnehmen. „Das ist ja eine Begehung wie im wahren Leben. Wir bekommen wertvolle Tipps von Herrn Dittus und Herrn Hofmann.“ Und „Hausaufgaben“, wie er es nennt, Hinweise, wie genau der Arbeitsschutz im Betrieb noch besser werden kann. Dieser will er sich jetzt annehmen. Tobias Dittus und Thomas Hofmann haben es derweil geschafft: Sie haben die Prüfung erfolgreich bestanden und sind jetzt offiziell Aufsichtspersonen im Auftrag der BGHM, zuständig für Betriebe mit bis zu 50 Beschäftigten im Großraum Pforzheim beziehungsweise Heilbronn. Dank guter Vorbereitung – und dank der Unterstützung der engagierten Schreinerei im Stuttgarter Westen.

Lisa Bergmann, BGHM

Ausgabe 2/2024