Industrieroboter und Cobots in Kleinunternehmen
Robotereinsatz: Schweißen im Fokus
Industrieroboter halten mehr und mehr Einzug in kleinen und mittleren Unternehmen – zum Beispiel in Form von kleinen, kompakten Schweißroboterzellen oder auch kollaborierenden Robotern für Schweißanwendungen. Auch bei geringen Losgrößen kann sich ihr Einsatz lohnen.
Ob geringe oder große Losgrößen, kleine oder große Industrieroboter: Die Arbeitsschutzvorschriften für Industrieroboter sind im Wesentlichen dieselben. Es gelten die EG-Maschinenrichtlinie 2006/42/EG und die zugehörigen harmonisierten Normen DIN EN ISO 10218-1 und DIN EN ISO 10218-2.
Diese Vorschriften und Normen wenden sich zunächst an Maschinenhersteller und an Verantwortliche beim Inverkehrbringen. Doch auch Betreiber, beispielsweise der Kleinunternehmer beziehungsweise die Kleinunternehmerin, dürfen den Beschäftigten nach der Betriebssicherheitsverordnung nur Maschinen zur Benutzung übergeben, die die Forderungen der EG-Maschinenrichtlinie erfüllen.
Mit einer kompakten Schweißroboterzelle ist der Unternehmer oder die Unternehmerin in der Regel auf der sicheren Seite, denn diese meistens für das Lichtbogenschweißen konzipierte Roboterzelle muss mit den erforderlichen Schutzeinrichtungen ausgerüstet sein, die die vom Schweißprozess und vom Roboter ausgehenden Risiken (siehe Tabelle) den Vorschriften entsprechend mindern. Zudem kann die bei der Herstellerfirma vorhandene Risikobeurteilung auf Anfrage auch an den Betreiber ausgeliefert werden. Sie kann als Basis für die betriebliche Gefährdungsbeurteilung herangezogen werden.
Aufgrund der in Roboterzellen verbauten klassischen Industrieroboter haben diese Maschinen in der Regel eine sehr hohe Prozesssicherheit und Lebensdauer. Sie werden meist verwendungsfertig, einschließlich Schutzumhausung und CE-Zeichen, von der Herstellerfirma geliefert und sind in der Regel mit überschaubarem Aufwand einsatzbereit.
Cobots: Schweißen rückt in den Fokus
Neben den klassischen Industrierobotern ist seit einigen Jahren ein neuer Robotertyp auf dem Markt: Der kollaborierende Roboter, auch Cobot genannt, ist für die Zusammenarbeit von Mensch und Maschine konzipiert. Die meisten dieser auch als Leichtbauroboter bekannten Industrieroboter sind mit speziellen Drehmomentsensoren ausgerüstet. Bei einem Kontakt mit dem Menschen können sie feinfühlig reagieren, sodass es nicht zu Verletzungen kommt. Richtig eingesetzt gehen Cobots oft auch mit einer Ergonomieverbesserung am Arbeitsplatz einher.
Cobots eignen sich besonders für Anwendungen, die ohne große Kraft- beziehungsweise Gewichtsübertragung vom Roboter auf die Umgebung und umgekehrt auskommen. Das sind zum Beispiel das Auftragen von Kleberaupen, optische Inspektionsaufgaben in der Qualitätskontrolle oder die Handhabung und Montage leichter Bauteile. Zunehmend rücken auch Applikationen zum Lichtbogenschweißen in den Fokus der Cobotanwendungen. Der Vorteil: Durch das manuelle Führen des Roboters ist ein sehr einfaches Teachen, also das Anlernen der Schweißbahn, möglich. Spezielle Programmierkenntnisse sind meist nicht erforderlich.
Maschinenrichtlinie ist entscheidend
Wie sieht es aber mit den Prozessgefahren aus? Bei Schweißroboteranwendungen muss der Schutz vor Gefahren, die von unerwarteten Bewegungen des Roboters als auch vom Schweißprozess ausgehen, genauso sichergestellt sein, wie das bei klassischen Industrieroboteranlagen der Fall ist. Mitunter werden Vergleiche zu Arbeitsschutzvorschriften für das Lichtbogen- Handschweißen herangezogen. Der Schutz von Handschweißern und Handschweißerinnen sowie der Schutz von Dritten und der Umgebung wird dabei in der Regel durch separat bereitgestellte Schutzeinrichtungen erreicht, zum Beispiel durch Persönliche Schutzausrüstungen (PSA), wie handgehaltene Schutzschirme, Schutzhandschuhe, Gehörschutz oder Schutzkleidung. Vorrangig oder zusätzlich kommen Schweißvorhänge, Abschirmungen und Absaugungen zum Einsatz.
Da Cobotanwendungen jedoch unter die EG Maschinenrichtlinie fallen, muss die Maschine diese Schutzvorkehrungen bereits mitbringen. Die genannten Risiken müssen demnach nicht durch separat bereitzustellende Schutzausrüstungen minimiert werden, sondern Letztere müssen bereits Bestandteil der Maschine sein. Ein Vergleich zu manuellen Schweißarbeitsplätzen ist also nicht möglich. Schlussfolgernd aus den genannten Normen und Rechtsvorschriften müssen Cobotanwendungen zum Schweißen mit einer Schutzumhausung ausgestattet sein, welche die Beschäftigten sowie die Umgebung zuverlässig vor den beschriebenen Gefahren schützt und zulässt, dass Absauggeräte angeschlossen werden.
Der Unternehmer oder die Unternehmerin sollte also nur solche Anlagen in Betrieb nehmen, die eine Schutzumhausung aufweisen und vom Lieferanten mit einem CE-Zeichen und einer EG-Konformitätserklärung ausgestattet sind. Beschaffen Unternehmer oder Unternehmerinnen ausschließlich Einzelkomponenten, also beispielsweise nur einen Roboter, eine Schweißstromquelle, Vorrichtungen oder einen Schweißtisch, um diese selbst zusammenzubauen, schlüpfen sie selbst in die Rolle des Herstellers. Das bedeutet, sie müssen eine EG-Konformitätserklärung erstellen sowie Schutzmaßnahmen vorsehen. Werden mangelhaft in Verkehr gebrachte Cobot-Schweißanlagen in Betrieben angetroffen, müssen diese nachgerüstet werden.
Nihad Karacic, BGHM
Gefährdung | Gefahrenquelle | Mögliche Gesundheits- bzw. Verletzungsrisiken | |
Optische Strahlung | Lichtbogen | Verblitzen der Augen, Hautreizung | |
Einatmen gefährlicher Stoffe | Schweißrauch | Vergiftung, Krebsgefahr | |
Thermische Gefährdung | Heiße Bauteile, Schweißspritzer, Schlacke | Verbrennung | |
Explosion, Brand | Unter Druck stehende Prozessgase, brennbare Stoffe in Reichweite der Schweißspritzer | Verletzung durch Splitter, Verbrennung | |
Elektrische Gefährdung | Schweißstrom | Körperdurchströmung, Herzkammerflimmern | |
Lärm | Unter Druck ausströmende Prozessgase, Brennerdüse, Schweißstromquelle, Lichtbogen | Lärmschwerhörigkeit | |
Mechanische Gefährdung | Roboter, Drahtvorschub, Schweißspritzer | Verletzungen, Durchstich |
Ausgabe 2/2023